YB27 Das Treffen von altem und neuem Provinzherrn

Erschienen in den Meldungen des Hauses Yaquirblick Nô 27
Phex 1027 BF


Zusammenkunft Selindian Hals mit Jast Gorsam in Gareth

Gareth: Man schrieb die zweite Woche des Hesindemondes, als die Kaiserstadt sich ihr bestes Kleid anzog. Fahnen mit dem Fische Nordmarkens und der Stute Almadas flatterten munter über den höchsten Zinnen Gareths, galt es doch, hohen Besuch zu empfangen: Selindian Hal, Prinz des Reiches und neubestallter Großfürst des rahjagefälligen Königreiches, fand sich zu einem Besuch bei seiner Familie ein, während Jast Gorsam, Herzog der Nordmarken, in Reichsangelegenheiten ebenfalls in der Stadt weilte.

Prächtig war der Einzug der Almadaner in die Stadt. Caballeros auf feurigen Rössern sprengten voran, mit Trompeten ihren Herrn anzukündigen. Dann ritten einige Gardisten des Königlich-Großfürstlichen Leibregimentes, mit bunten Wimpeln an ihren Lanzen, auf ebenso stolzen wie schönen Pferden hinterher.

Schließlich erschien Selindian Hal. Er ritt unter einem Baldachin, der von vier Edelleuten gehalten wurde. Seine Königliche Durchlaucht war ungerüstet, gekleidet in einen Faltenrock, dessen Materialwert allein sicherlich einer wohlhabenden Bauernfamilie für mehrere Monde das Überleben gesichert hätte. Hinter ihm wurde sein Leibross geführt, das mit einer kostbaren Decke behangen war. Und schließlich kamen des Großfürsten Räte: Dschijndar von Rabenmund, bis vor kurzem Kronverweser Almadas, doch der engste Vertraute des Prinzen, Kanzler Rafik von Taladur, die Kronräte Stordan von Culming (welcher selbst weitläufig mit dem Haus vom Großen Fluss verwandt ist und als Baron und Soberan die mächtigste Gestalt des im efferdwärtigen Teile des Königreiches darstellt), Cambados von Arganzon, Procurador und damit Stellvertreter des Landständesprechers, sowie Ancuiras Alfaran, Kaiserlicher und Königlich-Großfürstlicher Marschall, welcher erst vor kurzem in der Schlacht auf den Brigellanischen Feldern siegreich gegen die Novadis geblieben war.

Auch der restliche Tross war prächtig anzuschauen, und das Volk jubelte dem jungen Prinzen zu, als dessen Bedienstete Münzen in die Menschenmenge warfen.

Nachdem Großfürst Selindian einige Tage bei seiner Mutter und Großmutter verbracht hatte, kam er einer Einladung Jast Gorsams nach. Mit seinen Beratern und Gefolge ritt er zum Quartier der Herzoglichen, wo eine ebenso prächtige Schar die Gäste empfing. An der Spitze der ehrwürdige Herzog selbselbsten und sein Vertrauter Jorgast von Bollharsch-Schleiffenröchte, der eEste Scribent des Eichenen Gemaches, Präzeptor der Praiosstadt (ein Praiot und nach dem Tode von des Herzogs Hofgeweihtem vor zwei Jahren auch dessen Beichtvater, wie man munkelt. Gar als zukünftigen Illuminatus der Lichtei Elenvina sehen ihn wohlinformierte Kreise). Hinzu kam Gorfang Reto vom Großen Fluss und von Brüllenfels, herzoglicher Flussvogt und Allwasservogt, sowie sein Adjutant Leutnant Garf Ettrich von Dist und viele weitere Adlige des Herzogtums.

Die beiden Herrscher tauschten Brüderküsse, und führwahr, ein seltsamer Anblick war es! Dort der über 60jährige Nordmärker, noch rüstig und wohlbekannt für seine politischen Garadanzüge im ganzen Reiche, mit zerfurchtem Gesichte und grauem Barte; hie der 16jährige Prinz, mit keckem Blondschopfe und dem ersten Flaume auf den Wangen; wohl bewandert in den höfischen Dingen, der schwer trägt an der neuen Last der Verantwortung, doch respektvoll gegen den Greis.

Auch das Gefolge begrüßte der Herzog, voran seinen Verwandten Dom Stordan, den er mit freundlichsten Worten bedachte.

Hinein an die große Festtafel ging es, um zu reden und zu prassen. Heiter war die Stimmung und ausgelassen, bevor die Provinzherren und ihre Räte sich in trauter Runde zusammenfanden und parlierten. Hier erschien auch Iseweine von Weiseprein, die Landthauptfrau des Herzogtums. Sie und der Flussvogt sprachen vor allem mit Dom Ancuiras über militärische Belange und eine engere Zusammenarbeit. Auffällig war das Fehlen des kaiserlichen Marschalls der Nordmarken, Turam S.d. Fanderasch, welcher zu jenem Zeitpunkt im Isenhag zu Besuch bei seinem Vetter weilte. Was aber der Bergkönig des Eisenwalds, Fargol S.d. Fanderam, und der kaiserliche Marschall Nordmarkens zu besprechen hatten, ist Stoff nur für Gerüchte.

Über Handelserleichterungen wurde geredet und über Reichspolitik. Seine Hoheit Jast Gorsam zeigte sich denn auch das ein oder andere Mal überrascht, wenn Seine Königliche Durchlaucht Selindian Hal trotz seiner Jugend Weitsicht und Erfahrung in den Verhandlungen ans Licht brachte. Doch ist dies ein Wunder, da er einmal hätte König werden sollen und von frühester Jugend an in Gareth und als Graf des Yaquirtales in Punin die beste Ausbildung erhalten hatte? Trotzdem sah man, dass der Prinz sich zwischen den Gesprächen den oft mit Dom Dschijndar und Dom Rafik leise austauschte, wobei einige Höflinge seine Blicke auf den Herzog bemerkt haben wollen, welche an ein Reh im Angesicht des Wolfes erinnert hätten.

Machtbewusstsein, aber auch der Wille zur Zusammenarbeit war auf beiden Seiten zu spüren, da die Nordmarken und Almada gemeinsam ein fester Block im Reiche wären, an dem man so schnell nicht vorbeikäme.

Noch zwei Tage gingen die Verhandlungen und vielerlei Ergebnisse wurden erzielt. So wurde bestimmt, dass innerhalb der nächsten vier Monde Einheiten der provinzherrlichen Regimenter gemeinsame Manöver abhalten werden; Handelserleichterungen wurden beschlossen und fortan wird es Konsultationen zwischen Punin und Elenvina in Fragen des Reiches geben.

Mit Umarmungen und Händedrücken verabschiedeten sich die Almadaner denn, um wieder gen Praios zu reiten, heiter gestimmt durch den Gedanken, dass die Provinzen fortan Schulter an Schulter stehen werden gegen jedwede Gefahr.

Jago Sensendengler