Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 09: Unterschied zwischen den Versionen

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Sie ließ die Zügel los, saß auf einem Grauschimmel auf und ritt an Rifadas Seite. "Quazzano?", fragte sie leise.
Sie ließ die Zügel los, saß auf einem Grauschimmel auf und ritt an Rifadas Seite. "Quazzano?", fragte sie leise.


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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]


Rifada wendete abwägend das Haupt erst in die eine, dann in die andere Richtung. Ihre verärgerte Miene machte ihr Hin- und Hergerissen-Sein deutlich. "Wir können hier nichts mehr retten", bilanzierte sie mit Bitterkeit in der Stimme, "weder Belisetha noch das Kloster. Aber ich denke auch an Griphonis Solaris - unser Amulett und Schutzzeichen seit Praiana der Gleißenden. Wenn Belisethas alter Leib diese Flammenhölle auch nicht überleben konnte - das Signum wird sie fraglos überstehen! Ich kann nicht zu Amando reiten und ihm sagen, dass wir nicht nur seine einzige verbliebene Schwester, sondern auch noch das Schutzzeichen unseres Hauses verloren haben. Nicht auszudenken, wenn es nach seiner güldenen Greifen-Monstranz auch noch in die Hände der Elenterin gerät ... oder – schlimmer noch – gar in die der Harmamunds." 


Sie schüttelte den Kopf, diesen Gedanken besser nicht weiter fortzuführen. "Aber wenn es nicht regnet oder äußerst starker Schneefall einsetzt, wird das Refektorium noch mindestens drei Tage weiter brennen und glimmen, bevor man seine Überreste überhaupt betreten kann. Das heißt, in drei Tagen müssen wir wieder hier sein - das Signum finden und es mit uns ins Vanyadâl nehmen."
Sie deutete mit einem Kopfnicken in die Richtung, in die Rahjeline mit Rifadas Schlachtross geflohen war. "Da mich diese treulose Pferdediebin ja gerade selbst von meinem gegebenen Versprechen entbunden hat, sie nach Ragath zu eskortieren, steht es uns also frei, wohin wir uns in den nächsten drei Tagen wenden - wir müssen nur bei Erlöschen des Feuers wieder hier sein! Der Grund nach Quazzano zu reiten, war Belisetha, die ich dorthin in Sicherheit und gleichzeitig mit ihrer Neugier fort aus dem Vanyadâl bringen wollte. Wenn wir dennoch dorthin reiten, sind wir Amando viele Erklärungen schuldig - und glaube mir, es gibt keinen Menschen in Almada, vielleicht sogar im ganzen Reich oder in Aventurien, vor dem es schwerer ist, irgendetwas zu verschweigen - er schaut dir nur mit seinem stechenden Blick tief in die Augen und weiß sogleich alles, auch das, was du nie aussprechen wolltest."
Sie deutete in Richtung Nordosten. "Ich würde deshalb vorschlagen, dass wir zuerst nach Aranjuez reiten. Wir wollen doch einmal sehen, ob sich unser alter Freund Dom Hernán freut, uns wiederzusehen?"
Ihr ironischer Unterton machte deutlich, dass sie davon selbst überrascht wäre - aber immerhin hatte man ob der gemeinsam durchlebten Schrecken des Ferkinasturms in der Elenterin eine gemeinsame Feindin.
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Richeza schluckte schwer, machte jedoch keine Anstalten, ihr Pferd in Bewegung zu setzen. Wie versteinert saß sie auf dem Rücken des ungesattelten Tieres. Sie hatte noch keinen Augenblick geschlafen in dieser Nacht, die Müdigkeit brannte wie eine alles verzehrende Säure in ihrem Brustkorb, und eine plötzliche Furcht schnürte ihr die Kehle zu. Sie war alles andere als erpicht darauf, den Aranjuezer wiederzusehen. Mochte sie auch das Ehrduell gegen ihn für sich entschieden haben, im Stillen trug sie ihm ihre Gefangennahme noch immer nach. Schlimmer aber: Sie traute ihm nicht mehr, wie sie es einst getan hatte. Außerdem hatte er vor wenigen Monden seine Verlobung mit der mittleren Ragather Grafentochter bekannt gegeben. ''Seiner'' Nichte! Was, wenn aus irgendeinem unwahrscheinlichen Grund auch ''er'' dort anwesend wäre? Was, wenn die kleine Ehrenstein mehr von ihrem Onkel wusste, als sie, Richeza, ahnte? Zu der jüngsten Nichte, [[Romina von Ehrenstein-Streitzig|Romina]] hatte er stets ein gutes Verhältnis gepflegt. Was, wenn dies auch für die mittlere galt? Was, wenn sie dort gemeinsam mit dem Aranjuezer am Feuer saßen und längst schon über sie lachten? – Das war absurd! Und doch lähmte Richeza die Angst, der Schmerz, die unendliche Trauer über ''seinen'' Verrat.
"Ich kann Euch nicht begleiten", sagte sie deshalb mit starrer Miene. "Ich werde in Quazzano auf Euch warten!" Sie nickte Rifada zu, ohne sie anzusehen, und ließ das Pferd antraben, langsam, Richtung Westen. Ja, ihre Tante mochte recht haben: Amando Laconda würde ihr vielleicht bis auf den Grund der Seele sehen und all das hervorbringen, was dort so lange schon verborgen lag. Ihr ganzes Leben war sie davongerannt, hatte die Praioten gemieden wie die Zorganer Pocken, genau aus diesem Grund. Aber etwas in ihr drängte der Wahrheit zu wie ein nach langen Regenfällen angeschwollener, unterirdischer Bach der Oberfläche. Sie hatte die Kraft nicht mehr, zu lügen, sich zu verstecken, zu kämpfen. Und immerhin war Amando ihr Großonkel. Er würde sie nicht verdammen. Man würde einen Weg finden. Wie auch immer der aussah: Das Leid konnte gar nicht größer werden.
Verbissen lenkte Richeza das Ross durch den verharschten Schnee in die sternenlose Dunkelheit.
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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
Zu Richezas Überraschung - und auch zu ihrer eigenen - kam keinerlei Widerspruch von Rifada auf die plötzliche Entscheidung ihrer Nichte. Sie brummte nur ein "Rondra sei mit dir!" und ritt dann selbst in firunwärtiger Richtung davon, wo irgendwo hinter einigen Meilen abgeernteter Bausch- und Praiosblumenfelder die Latifundias des Hauses Aranjuez beginnen mussten. Natürlich hätte sie auf ihr Entscheidungsrecht als ältere bestehen können, aber insgeheim gefiel ihr sogar, dass Richeza stets ihrem eigenen Kopf folgte. Da ihre Mutter, Madalena, eine Seele von Mensch gewesen war, und auch [[Alondo Joselito von Scheffelstein|Richezas Vater]] oder ihr Großvater [[Hesindian von Kornhammer-Scheffelstein|Hesindian]] nicht unbedingt rebellische Charaktere waren, musste das Kind diese Halsstarrigkeit und seinen Trotzkopf wohl von ihr selbst - seiner Tante haben, was Rifada durchaus heimlich mit ein wenig Stolz erfüllte, sodass sich zum ersten Mal in dieser vermaledeiten Nacht so etwas wie ein kleines Lächeln in ihre Mundwinkel schlich. Der Gedanke an Belisetha ließ es jedoch sofort wieder verschwinden. Sie blickte noch einmal zum brennenden Kloster zurück. Was für ein unglückliches und unwürdiges Ende für so eine große Frau!
Wenige Hundert Schritt weiter hatten zwei Reiter im Schutze der nachtschwarzen Dunkelheit die beiden sich voneinander trennenden Reiterinnen beobachtet, jedenfalls solange, wie ihre Silhouetten noch gut vor dem Feuerschein auszumachen gewesen waren.
"Es sind die da Vanyas!", stellte der eine flüsternd fest. "Sie haben das Kloster niedergebrannt und fliehen jetzt!"
"Ich glaube nicht, dass das Kloster wegen ihnen brannte. Hast du nicht diese fliegenden Feuerfunken, so groß wie brennende Vögel, bemerkt?", schüttelte Giordan Cronbiegler den Kopf und zog sein wärmendes Cape enger um die Schultern, da es ihn fröstelte. "Ich habe den Eindruck da war Zauberei im Spiel, auch wenn ich noch nie zuvor welche gesehen habe."
"Was nun?", fragte sein Begleiter Garanos, einer der altgedienten Waffenknechte des [[Familia Harmamund|Hauses Harmamund]], der bis zur Fürstenkrönung Gwain von Harmamunds drei Jahre lang zu dessen Leibwache gehört hatte. "Welche von beiden verfolgen wir? Oder teilen wir uns auf? Wenn ja, dann folge ich der jüngeren, der kleinen Hübschen. Ihr folgt der Ogerfresse – aber passt auf, denn sie sieht auch so stark wie ein Oger aus. Ihre Oberarme sind ja fast so dick wie die Beine eines Ochsen!"
"Nichts da!", schüttelte Giordan Cronbiegler den Kopf. Soweit kam es gerade noch, dass er sich als Zweitgeborener des reichsten Patriziers von Ragath irgendetwas von einem reisigen Mercenario sagen lassen musste. "Du reitest zurück und informierst Domna [[Morena von Harmamund|Morena]] über alles! Ich selbst folge der Kleinen! Wenn sie nach Ragath will, kann ich sie dort notfalls mit den Knechten meiner Famiglia dingfest machen. Diese Rifdada zu verfolgen, wäre für einen zu gefährlich. Sogar die Wilden machen einen Bogen um dieses Weibsstück. Domna Morena wird dir sagen, was weiter zu tun ist. Ich melde mich dann selbst oder per Boten, sobald ich weiß, wo die Kleine hin will."
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'''Autor:''' [[Benutzer:Borlando di Aragança|di Aragança]]
Einige hundert Schritt vom lichterloh brennenden Kloster entfernt ließ Rahjeline die Pferde kurz wenden, und glotzte ratlos in Richtung des flammenden Infernos.
So weit war sie nun gekommen. Dummerweise war sie aber komplett allein, und erstmals seit zwei Jahren, ausserhalb der Klostermauern. Schlagartig wurde ihr klar, dass sie noch niemals zuvor in dieser göttervergessenen Gegend gewesen war. Rahjeline hatte also nicht den Funken einer Ahnung wo sie gerade war, beziehungsweise in welche Richtung sie nun weiterreisen sollte.
Vor allem, was würde sie tun wenn ihr wieder diese Feuervögel um die Ohren flogen oder gar dieser gruselige Reiter über den Weg lief? Unentschlossen blickte Rahjeline abwechselnd in Richtung des Klosters, dann wieder den Klosterweg hinab, der in die unbekannte Dunkelheit führte. Das alles sah nun ganz und gar nicht mehr gut aus. Wie soll es denn nun weitergehen?
Plötzlich konnte sie Fragmente eines wilden Fluches ausmachen der vom Kloster zu kommen schien. Eine schaurige, sich überschlagende Stimme schrie etwas wie "Canaille" und "in Stücke hauen". Domna Rahjeline lief es eiskalt den Rücken runter.
Als sie kurz danach, aus der Richtung des Klosters, näherkommendes Pferdegetrappel ausmachen konnte, war Rahjeline der Panik nahe. Das waren nun sicher die Boronspriester die sie wieder einfangen wollten. Jetzt wo mindestens eine ihrer Retterinnen zu Tode gekommen war hatte Rahjeline gar niemanden mehr dem sie vertrauen konnte. Sie musste hier weg! Schleunigst!
An ein Abweichen vom Wege war hier, war nicht zu denken, ohne sich dabei den Hals zu brechen. Also verstecken fiel aus. So gab die verlorene Abundilerin dem Pferd, ein überaus erfahrenes Tier übrigens, die Sporen, und versuchte so viel Abstand zu ihren Verfolgern zu gewinnen wie möglich. Das Packpferd trabte derweil unverdrossen hintendrein.
Nach einer Ewigkeit, zumindest kam es Rahjeline so vor, erreichte sie ein Dorf Names Valenca, und machte sich sofort auf die Suche nach einer wärmenden Schenke. Zum Glück war diese schnell gefunden, denn Rahjeline fror seit geraumer Zeit wie ein Schneider. Im Gasthof "Zur Goldenen Weinrebe" wurde ihr erst klar, dass sie als Adelige aus sehr gutem Hause über keinerlei Barschaft verfügte. Eine äußerst befremdende Erfahrung. Einzig die beiden Pferde waren in Rahjelines "Besitz". Sie würde sich wohl von einem der Tiere trennen müssen.
Der Wirt, ein harter Verhandler, war bereit für das edlere der beiden Pferde eine warme Mahlzeit, warme Bekleidung und ein wenig Proviant herauszurücken. Rahjeline die gar keine andere Wahl hatte, sondern einfach nur so schnell wie möglich weiterreiten wollte, ging auf den unfairen Handel zwangsläufig ein.
Sie stürzte das warme Essen so schnell es ging hinunter, und kleidete sich in die warmen Sachen welche die Wirtin nur äusserst ungern herausgab. Das unwillige Brummen ihres Gemahls, veranlasste die stattliche Dame dann aber doch dazu sich auch von ihrem warmen Lieblingsmantel zu trennen. Auf Rahjelines Bitte erklärte der Wirt noch kurz den Weg nach Schrotenstein und weiter nach Ragath.
Danach verließ Domna Rahjeline, endlich warm, aber viel zu vulminös angezogen, die goldene Weinrebe, sattelte um auf das verbleibende Packpferd, und ritt vom Gasthof.