Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 12: Unterschied zwischen den Versionen

Von Scheffelstein (Diskussion | Beiträge)
Steves Beitrag
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(6 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 70: Zeile 70:


"Brich dir den Hals!", wünschte ihr Rahjada-Mera hinterher.
"Brich dir den Hals!", wünschte ihr Rahjada-Mera hinterher.


----
----
Zeile 88: Zeile 89:


"As-salāmu 'alaikum. Willkommen auf Aranjuez", neigte er freilich nur andeutungsweise das greise Haupt, derweil der Pferdeknecht das Reittier zu den Stallungen führte.  
"As-salāmu 'alaikum. Willkommen auf Aranjuez", neigte er freilich nur andeutungsweise das greise Haupt, derweil der Pferdeknecht das Reittier zu den Stallungen führte.  


----
----
Zeile 108: Zeile 110:


"Ich bin hier", beschied sie ihn mit einer einladenden Geste, ihr in seinem eigenen Hause ausnahmsweise voranzugehen zu dürfen, "um mit Euch über eine gemeinsame Freundin zu sprechen." Sie senkte die Stimme: "Die Elenterin und ihr Drecksbalg, der Rakolus-Bastard." sie fuhr sich mit dem Daumen in einer halbkreisartigen Bewegung über den Hals. "Sie müssen beide sterben!"
"Ich bin hier", beschied sie ihn mit einer einladenden Geste, ihr in seinem eigenen Hause ausnahmsweise voranzugehen zu dürfen, "um mit Euch über eine gemeinsame Freundin zu sprechen." Sie senkte die Stimme: "Die Elenterin und ihr Drecksbalg, der Rakolus-Bastard." sie fuhr sich mit dem Daumen in einer halbkreisartigen Bewegung über den Hals. "Sie müssen beide sterben!"


----
----
Zeile 124: Zeile 127:


Freilich, einen Haken hatte die Sache: "Leider ist Praiosmin von Elenta eine direkte Vasallin der [[:avwik:Rohaja von Gareth|Kaiserin]]. Mein studierter Vetter [[Rafik von Aranjuez|Rafik]] hat nächtelang über diesem ''casus'' gebrütet, doch fiel ihm kein Weg ein, wie man die Reichsvogtin angehen könne, ohne dabei Ihre Majestät anzugreifen. Gewiss muss ich Euch nicht an das Schicksal dieser Tölpel der sogenannten [[L.A.W.|''Loyalistisch'' Almadanischen Wehr]] erinnern..."
Freilich, einen Haken hatte die Sache: "Leider ist Praiosmin von Elenta eine direkte Vasallin der [[:avwik:Rohaja von Gareth|Kaiserin]]. Mein studierter Vetter [[Rafik von Aranjuez|Rafik]] hat nächtelang über diesem ''casus'' gebrütet, doch fiel ihm kein Weg ein, wie man die Reichsvogtin angehen könne, ohne dabei Ihre Majestät anzugreifen. Gewiss muss ich Euch nicht an das Schicksal dieser Tölpel der sogenannten [[L.A.W.|''Loyalistisch'' Almadanischen Wehr]] erinnern..."


----
----
Zeile 143: Zeile 147:


"Und wenn es", fuhr Rifada grinsend fort, "den [[Mercenario|Söldner]] und Condottiere in Euch nicht nur nach Rache, sondern auch nach zählbarer Beute verlangt, so kann ich Euch sagen, dass es mir nur um die Zurückerlangung meines persönlichen Eigentumes geht - alles andere, was Praiosmin und ihr Onkel in den beiden letzten Jahrzehnten an Gold und Schätzen zusammengerafft, aus dem Volk herausgepresst und der Krone aus dem Marmorhandel vorenthalten haben, steht Euch bereit, Euch zu bedienen, sobald deren schmähliches Verschwinden offenkundig wird. Ihr habt mein Wort darauf, solange kein neuer Reichsvogt in Selaque eingesetzt wird - denn ich spekuliere darauf, dieses Amt dann selbst zu besetzen - werde ich Euch alles zuleiten, was nicht unser, sondern der Besitz des [[Familia von Elenta|Hauses Elenta]] war. Und das würde Euch auf einen Schlag so reich wie einen [[Punin]]er Pfeffersack machen!"
"Und wenn es", fuhr Rifada grinsend fort, "den [[Mercenario|Söldner]] und Condottiere in Euch nicht nur nach Rache, sondern auch nach zählbarer Beute verlangt, so kann ich Euch sagen, dass es mir nur um die Zurückerlangung meines persönlichen Eigentumes geht - alles andere, was Praiosmin und ihr Onkel in den beiden letzten Jahrzehnten an Gold und Schätzen zusammengerafft, aus dem Volk herausgepresst und der Krone aus dem Marmorhandel vorenthalten haben, steht Euch bereit, Euch zu bedienen, sobald deren schmähliches Verschwinden offenkundig wird. Ihr habt mein Wort darauf, solange kein neuer Reichsvogt in Selaque eingesetzt wird - denn ich spekuliere darauf, dieses Amt dann selbst zu besetzen - werde ich Euch alles zuleiten, was nicht unser, sondern der Besitz des [[Familia von Elenta|Hauses Elenta]] war. Und das würde Euch auf einen Schlag so reich wie einen [[Punin]]er Pfeffersack machen!"


----
----
Zeile 149: Zeile 154:
Nachdenklich strich sich der Hausherr über das unrasierte Kinn, als er die Ausführungen Rifada da Vanyas abzuwägen schien. Natürlich hatte er bei seinem Verweis auf jene Episode der L.A.W. eher an die Folgen für die Beteiligten gedacht, denn an ihre konkrete Strategie wider Castillo Albacim, doch waren derlei Überlegungen nebensächlich. Zwischenzeitlich hatte er mit einer auf dem Tisch stehenden Glocke die Dienerschaft gerufen, um mehr Suppe und Brot für seine offensichtlich hungrige Besucherin aufzutragen. Bedachte man ihren Aufzug, hätte man sich gleich denken können, dass es mit einer normalen Portion nicht getan war, wussten die Götter, wo sie gerade herkam. So war ihr Gespräch zwischenzeitlich unterbrochen worden, als weitere Portionen gereicht wurden. Dem Baron und Junker gab dies indes mehr Zeit zum Nachdenken.  
Nachdenklich strich sich der Hausherr über das unrasierte Kinn, als er die Ausführungen Rifada da Vanyas abzuwägen schien. Natürlich hatte er bei seinem Verweis auf jene Episode der L.A.W. eher an die Folgen für die Beteiligten gedacht, denn an ihre konkrete Strategie wider Castillo Albacim, doch waren derlei Überlegungen nebensächlich. Zwischenzeitlich hatte er mit einer auf dem Tisch stehenden Glocke die Dienerschaft gerufen, um mehr Suppe und Brot für seine offensichtlich hungrige Besucherin aufzutragen. Bedachte man ihren Aufzug, hätte man sich gleich denken können, dass es mit einer normalen Portion nicht getan war, wussten die Götter, wo sie gerade herkam. So war ihr Gespräch zwischenzeitlich unterbrochen worden, als weitere Portionen gereicht wurden. Dem Baron und Junker gab dies indes mehr Zeit zum Nachdenken.  


"Ich kann nicht verhehlen...", setzte er schließlich an, "...dass ich stets eher daran gedacht hatte, es ihr etwas ... sichtbarer für alle Welt heimzuzahlen. Gemessen an ihrer Amtsführung, war ich mir eigentlich sicher, dass sie gewisse ... [[Mondenkaiser|politische ... Veränderungen]] nicht unbeschadet überstehen würde. Einmal der kaiserlichen Protektion beraubt, wäre es ein Leichtes, sie in aller Öffentlichkeit zur Rechenschaft zu ziehen. Aber da sieht man einmal, wie diese Leute in [:gar:Garetien:Gareth|Gareth]] ... nun ja, dies ist ein anderes Thema." Rasch verbarg er den missgünstigen Zug um die Mundwinkel bei seinem kurzen Abschweifen zu alten [[Ratskellerfraktion|Ratskellertiraden]] hinter einem Schluck aus dem Weinkelch.  
"Ich kann nicht verhehlen...", setzte er schließlich an, "...dass ich stets eher daran gedacht hatte, es ihr etwas ... sichtbarer für alle Welt heimzuzahlen. Gemessen an ihrer Amtsführung, war ich mir eigentlich sicher, dass sie gewisse ... [[Mondenkaiser|politische ... Veränderungen]] nicht unbeschadet überstehen würde. Einmal der kaiserlichen Protektion beraubt, wäre es ein Leichtes, sie in aller Öffentlichkeit zur Rechenschaft zu ziehen. Aber da sieht man einmal, wie diese Leute in [[:gar:Garetien:Gareth|Gareth]] ... nun ja, dies ist ein anderes Thema." Rasch verbarg er den missgünstigen Zug um die Mundwinkel bei seinem kurzen Abschweifen zu alten [[Ratskellerfraktion|Ratskellertiraden]] hinter einem Schluck aus dem Weinkelch.  


"Zurück zur Reichsvogtin: Wenn es eine veritable Chance gibt, über diesen ''Torre di Alba'' nach Castillo Albacim hinein zu gelangen, so soll mir das recht sein. Jede Rache ist besser als keine Rache." Dabei verkrampfte sich kurz sein Griff um den Hals des Weinkelches. Es gab schließlich noch andere Personen, denen er aus jenen Tagen etwas heimzuzahlen hatte. Ein kurzes Blinzeln, dann gelang es ihm, ein schmales Lächeln auf sein Antlitz zu zaubern. "Außerdem habe ich nicht vergessen, wie Ihr an jenem Tag unseren Rückzug gedeckt habt." 'Rückzug' war freilich ein großes Wort für ihre überstürzte Flucht aus dem Burghof. "Das hätte Euch leicht das Leben kosten können und hat das unsere wahrscheinlich gerettet. Wer wäre ich da, meinen Wunsch nach öffentlicher Genugtuung über Euren Hader zu stellen?"  
"Zurück zur Reichsvogtin: Wenn es eine reelle Chance gibt, über diesen ''Torre di Alba'' nach Castillo Albacim hinein zu gelangen, so soll mir das recht sein. Jede Rache ist besser als keine Rache." Dabei verkrampfte sich kurz sein Griff um den Hals des Weinkelches. Es gab schließlich noch andere Personen, denen er aus jenen Tagen etwas heimzuzahlen hatte. Ein kurzes Blinzeln, dann gelang es ihm, ein schmales Lächeln auf sein Antlitz zu zaubern. "Außerdem habe ich nicht vergessen, wie Ihr an jenem Tag unseren Rückzug gedeckt habt." 'Rückzug' war freilich ein großes Wort für ihre überstürzte Flucht aus dem Burghof. "Das hätte Euch leicht das Leben kosten können und hat das unsere wahrscheinlich gerettet. Wer wäre ich da, meinen Wunsch nach öffentlicher Genugtuung über Euren Hader zu stellen?"  


Abermals nahm er einen Schluck Wein, nur um nun festzustellen, dass er über ihren Ränken merklich abgekühlt war. Vielleicht war es diese Erkenntnis, die ihn leicht erschaudern ließ, vielleicht die Aussicht auf eine winterliche Kletterpartie. Während [[:avwik:Firun|Firuns]] grimmiger Regentschaft leger gekleidet in einem beheizten Raum zu sitzen war eine Sache, der Raschtulswall im Winter eine ganz andere. Der Feldzug des [[Selindian Hal von Gareth|Mondenkaisers]] im Rahmen des [[Ferkinakrieg von 1033 BF|Ferkinakrieges]] war vielleicht die härteste ''Campanya'', die der kriegserfahrene Condottiere je mitgemacht hatte. Allenfalls vielleicht der Kleinkrieg gegen die [[:avwik:Al'Anfa|Alanfaner]] in den dampfenden Sümpfen um [[:avwik:Loch Harodrôl|Loch Harodrôl]] war ähnlich entbehrungsreich gewesen wie jener Winterfeldzug. Und damals war Hernán von Aranjuez ein junger Mann gewesen. Aber dieses Mal sollte es ja nur ein einziger Berg sein. Ähnlich hatte diese ganze Malaise zum Jahreswechsel [[Annalen:1032|1032]]/[[Annalen:1033|1033]] BF freilich auch begonnen.  
Abermals nahm er einen Schluck Wein, nur um nun festzustellen, dass er über ihren Ränken merklich abgekühlt war. Vielleicht war es diese Erkenntnis, die ihn leicht erschaudern ließ, vielleicht die Aussicht auf eine winterliche Kletterpartie. Während [[:avwik:Firun|Firuns]] grimmiger Regentschaft leger gekleidet in einem beheizten Raum zu sitzen war eine Sache, der Raschtulswall im Winter eine ganz andere. Der Feldzug des [[Selindian Hal von Gareth|Mondenkaisers]] im Rahmen des [[Ferkinakrieg von 1033 BF|Ferkinakrieges]] war vielleicht die härteste ''Campanya'', die der kriegserfahrene Condottiere je mitgemacht hatte. Allenfalls vielleicht der Kleinkrieg gegen die [[:avwik:Al'Anfa|Alanfaner]] in den dampfenden Sümpfen um [[:avwik:Loch Harodrôl|Loch Harodrôl]] war ähnlich entbehrungsreich gewesen wie jener Winterfeldzug. Und damals war Hernán von Aranjuez ein junger Mann gewesen. Aber dieses Mal sollte es ja nur ein einziger Berg sein. Ähnlich hatte diese ganze Malaise zum Jahreswechsel [[Annalen:1032|1032]]/[[Annalen:1033|1033]] BF freilich auch begonnen.  


So hob er schließlich, die düsteren Gedanken vertreibend, abwehrend die Hände: "Die Elenterin hat Euch bestohlen. Mir scheint es da nur recht und billig, dass Ihr Euch nun mit Zins und Zinseszins zurückholt, was Euch gehört. Wie gesagt, ich stehe seit jenem Tag im Burghof in Eurer Schuld, und so soll mir meine Vergeltung Lohn genug sein." Gold sah man seinen früheren Besitzer nicht an, für alles übrige Hab und Gut Praiosmin von Elentas mochte das freilich nicht zwingend gelten. Sollte Rifada da Vanya tatsächlich die Nachfolge der Reichsvogtin antreten, so war es recht einfach zu erklären, wie sie an derlei Besitztümer gelangt war, sollte sich in der Abgeschiedenheit Selaques überhaupt jemand dafür interessieren. Mitten in der [[Mark Ragathsquell]] oder in [[Baronie Dubios|Dubios]] aber würde man womöglich in arge Erklärungsnöte geraten. So fiel es wahrscheinlich leicht, in dieser Sache großmütig zu sein.  
So hob er schließlich, die düsteren Gedanken vertreibend, abwehrend die Hände: "Die Elenterin hat Euch bestohlen. Mir scheint es da nur recht und billig, dass Ihr Euch nun mit Zins und Zinseszins zurückholt, was Euch gehört. Wie gesagt, ich stehe seit jenem Tag im Burghof in Eurer Schuld, und so soll mir meine Vergeltung Lohn genug sein." Gold sah man seinen früheren Besitzer nicht an, für alles übrige Hab und Gut Praiosmin von Elentas mochte das freilich nicht zwingend gelten. Sollte Rifada da Vanya tatsächlich die Nachfolge der Reichsvogtin antreten, so war es recht einfach zu erklären, wie sie an derlei Besitztümer gelangt war, sollte sich in der Abgeschiedenheit Selaques überhaupt jemand dafür interessieren. Mitten in der [[Mark Ragathsquell]] oder in [[Baronie Dubios|Dubios]] aber würde man womöglich in arge Erklärungsnöte geraten. So fiel es wahrscheinlich leicht, in dieser Sache bescheiden zu sein.  
 


----
----
Zeile 162: Zeile 168:
Rifada schlug anerkennend mit der flachen Hand auf die Tischplatte - so hart, dass die Pokale mit dem Gewürzwein hochsprangen und überschwappten. "Ha! Das gefällt mir! Ein Magnat, ein Wort!", rief sie begeistert aus. Wahrscheinlich hatte es der Aranjuezer nur dem Umstand zu verdanken, dass er an der langen Tafel mehrere Schritt von ihr entfernt saß, dass er nicht vor Freude einen weiteren 'Klaps' auf die Schulter wie schon zur Begrüßung erhielt.
Rifada schlug anerkennend mit der flachen Hand auf die Tischplatte - so hart, dass die Pokale mit dem Gewürzwein hochsprangen und überschwappten. "Ha! Das gefällt mir! Ein Magnat, ein Wort!", rief sie begeistert aus. Wahrscheinlich hatte es der Aranjuezer nur dem Umstand zu verdanken, dass er an der langen Tafel mehrere Schritt von ihr entfernt saß, dass er nicht vor Freude einen weiteren 'Klaps' auf die Schulter wie schon zur Begrüßung erhielt.


"Wir müssen nichts überstürzen," hob sie beschwichtigend wie entschuldigend die Hand, "die fette Wachtel fliegt uns ja nicht weg! Aber es freut mich, dass ich auf Euch zählen kann, wenn wir unserer gemeinsamen Feindin einen ungebetenen Besuch innerhalb ihres eigenen Gemäuers abstatten. Ich weiss, dass Ihr vorher noch anderes zu erledigen habt - heiratet erst in aller Ruhe Eure kleine Tobrierin, die Tochter von diesem Auswärtigen, der glaubt, unser rechtmäßiger Graf zu sein. Ich hatte gerade schon das Pech ... äh ich will sagen ... verzeiht, ich meine: die Guten Götter haben es so gefügt, dass sich gerade schon unsere Wege auf der Landstraße hierher gekreuzt haben. Wirklich ein ganz bezauberndes junges Ding!" So wie Rifada "bezaubernd" sagte, konnte ihr Gesicht den Eindruck erwecken, sie spräche über eine hochansteckende Pferdeseuche. Aber ihr war klar, dass es sich hier um eine rein politisch-dynastische Verbindung handeln musste - auch wenn es der Tochter des Tobriers ob ihrer unbestreitbar großen Schönheit gewiss nicht an Verehreren gemangelt hatte. "Ich selbst habe vorher auch noch einige Dinge in die rechten Wege zu leiten", fuhr sie fort. "Es geht um Richeza, die ...",  sie zögerte und dachte einen Moment nach, "... die uns dieses Mal wohl leider nicht wird begleiten können. Ich schlage also vor, dass Ihr in etwa einem Mond mit etwa zehn Bewaffneten, denen Ihr eng vertraut, zu mir ins Vanyad1al kommt. Von dort aus werden wir dann nach Selaque ziehen - da wir uns der Stadt nicht unbedingt über die Serpentinenstraße nähern sollten - es sei denn, wir hätten eine wirklich gute Tarnung - werden wir den Berg, auf dem die Stadt liegt, von der Rückseite aus besteigen. Das heißt: Für ein kurzes Stück des Weges werden wir das Reichsgebiet verlassen müssen und uns durchs Wildenland bewegen. Aber keine Sorge, die Blutsäufer haben vor drei Jahren einen hohen Blutzoll zahlen müssen und sind seither deutlich ruhiger geworden. Ich hatte in der ganzen Zeit seither nur ein einziges Gefecht mit einem Rudel von ihnen. Da war ich sonst immer ganz anderes gewohnt."
"Wir müssen nichts überstürzen," hob sie beschwichtigend wie entschuldigend die Hand, "die fette Wachtel fliegt uns ja nicht weg! Aber es freut mich, dass ich auf Euch zählen kann, wenn wir unserer gemeinsamen Feindin einen ungebetenen Besuch innerhalb ihres eigenen Gemäuers abstatten. Ich weiss, dass Ihr vorher noch anderes zu erledigen habt - heiratet erst in aller Ruhe Eure kleine Tobrierin, die Tochter von diesem Auswärtigen, der glaubt, unser rechtmäßiger Graf zu sein. Ich hatte gerade schon das Pech ... äh ich will sagen ... verzeiht, ich meine: die Guten Götter haben es so gefügt, dass sich gerade schon unsere Wege auf der Landstraße hierher gekreuzt haben. Wirklich ein ganz bezauberndes junges Ding!" So wie Rifada "bezaubernd" sagte, konnte ihr Gesicht den Eindruck erwecken, sie spräche über eine hochansteckende Pferdeseuche. Aber ihr war klar, dass es sich hier um eine rein politisch-dynastische Verbindung handeln musste - auch wenn es der Tochter des Tobriers ob ihrer unbestreitbar großen Schönheit gewiss nicht an Verehreren gemangelt hatte. "Ich selbst habe vorher auch noch einige Dinge in die rechten Wege zu leiten", fuhr sie fort. "Es geht um Richeza, die ...",  sie zögerte und dachte einen Moment nach, "... die uns dieses Mal wohl leider nicht wird begleiten können. Ich schlage also vor, dass Ihr in etwa einem Mond mit etwa zehn Bewaffneten, denen Ihr eng vertraut, zu mir ins Vanyadâl kommt. Von dort aus werden wir dann nach Selaque ziehen - da wir uns der Stadt nicht unbedingt über die Serpentinenstraße nähern sollten - es sei denn, wir hätten eine wirklich gute Tarnung - werden wir den Berg, auf dem die Stadt liegt, von der Rückseite aus besteigen. Das heißt: Für ein kurzes Stück des Weges werden wir das Reichsgebiet verlassen müssen und uns durchs Wildenland bewegen. Aber keine Sorge, die Blutsäufer haben vor drei Jahren einen hohen Blutzoll zahlen müssen und sind seither deutlich ruhiger geworden. Ich hatte in der ganzen Zeit seither nur ein einziges Gefecht mit einem Rudel von ihnen. Da war ich sonst immer ganz anderes gewohnt."
 
 
----
'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]]
 
Hernán von Aranjuez beugte sich leicht nach vorn, um seinen nach dem Hieb der Vanyadâlerin bedenklich auf dem Tisch schwankenden Weinkelch festzuhalten. "Bezaubernd, gewiss", lächelte er ein wenig gequält. Nicht nur wusste er schließlich was sein Gast von der [[Familia von Ehrenstein-Streitzig|Grafenfamilie]] hielt - und umgekehrt - sondern er konnte sich auch denken wie wenig erfreulich dieses Aufeinandertreffen verlaufen sein dürfte. Immerhin würde es nun keine unangenehme Überraschung geben, wenn seine Verlobte demnächst hier eintreffen würde. Ob ihr Zorn in der Zwischenzeit verraucht oder sich eher noch verstärkt hatte, blieb freilich abzuwarten.
 
"Die Hochzeit findet jedoch erst am fünfzehnten Tag des [[:avwik:Rahja|Rahjamondes]] statt", erinnerte er seinen Gast höflich. Natürlich waren auch Einladungen nach Castillo da Vanya ergangen. Und natürlich war er nicht verwundert gewesen, bislang nicht einmal eine Antwort erhalten zu haben. "Meine Verlobte und ich würden uns geehrt fühlen, wenn Ihr der Zeremonie beiwohnen würdet." Wieder verzog er das Gesicht zu einem recht gezwungenen Grinsen. Auf ihn mochte das womöglich sogar zutreffen, doch läge Rahjada von Ehrenstein-Streitzig und den Ihren vermutlich nichts ferner. "Freilich...", hob er beruhigend die Hände, ihr einen Ausweg offerierend, ohne dass irgendeiner sein Gesicht verlieren musste "...ist mir bewusst, dass Ihr Euch in den Grenzlanden zahlreichen Obliegenheiten zu widmen habt, sodass nicht immer Zeit bleibt für derlei Verlustierungen."
 
Als der Name ihrer Nichte fiel, zeichneten sich kurz die arbeitenden Kiefer unter den bärtigen Wangen ab, so als bisse er sich auf die Zähne. Offensichtlich hegte er in diesem Zusammenhang noch immer einen Groll, und nickte so nur andeutungsweise. "In einem Mond hat die Kaiserin zum [[:avwik:Reichskongress|Reichskongress]] nach Ragath geladen", drehte er nachdenklich den Stil seines Kelches. "Wir sollten warten, bis sich die Aasgeier wieder verzogen haben. Also eher sechs Wochen...?" Fragend hob er den Blick. Natürlich bestand auch die vage Möglichkeit, dass sich die Reichsvogtin zu dieser Gelegenheit als direkte kaiserliche Vasallin tatsächlich einmal aus dem Schutz ihres Castillos begab. Doch waren sie gewillt den auch für An- und Abreise geltenden ''Kaiserfrieden'' zu brechen?
 
 
----
'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
 
"Oh, erst im Rahjamond?", rief Rifada verdutzt. "Wenn das so ist, so habe ich den Tag wohl vor dem Abend gelobt, und die [[Ferkina|Wilden]] haben sich Euren Boten geholt, denn es ist nie eine Einladung auf meinem Castillo eingetroffen." Sie sagte das so lapidar, als würde dergleichen im Bosquirtal andauernd geschehen. "Aber sei's drum - ich komme natürlich zu Eurer Hochzeit und fühle mich sehr geehrt!" Nun war es ihr Gastgeber, der verdutzt dreinschaute, aber Rifada fuhr sogleich fort: "Das verschafft mir die Gelegenheit, einmal ein klares Wort zu Eurem [[Brandil von Ehrenstein|Schwiegervater]] in spe zu sprechen. Natürlich soll er die Hochzeit seiner Tochter noch genießen können, aber danach muss ihm deutlich gemacht werden, dass es besser für alle wäre, wenn er unser schönes Land wieder verließe, denn er könnte niemals rechtmäßig einen [[Marmorthron|Thron]] besetzen, der seit Alters her zum Erbe meiner Familia zählt."
 
"Was den Reichskongress betrifft ..." Sie machte eine läppische, wegwerfende Handbewegung. "Auch von diesem höre ich jetzt gerade durch Euch zum allerersten Mal. Mir scheint es langsam, als sei Selaque unter den Kaisergütern in Vergessenheit geraten oder in Ungnade gefallen - was Wunder bei dieser Herrin? -, denn der letzte dorthin entsandte kaiserliche Beamte, den ich gesehen habe, war der [[Berengar von Schlehen|Trottel]], mit dem ich aus unerfreulichen Gründen verheiratet war! Selbst als Ihr vor einem Jahr meine [[Chronik.Ereignis1035 Von Brücken und Elstern|Brücke über die Selaqua zum Einsturz gebracht habt]] …" Sie hob beschwichtigend die Hand und lächelte pervalisch.
 
"Ja, ja, streitet es nicht ab - das wart Ihr, aber Ihr konntet nicht wissen, dass die Brücke zu meiner Junkerschaft gehörte ... übrigens eine sehr gute Idee, auf die ich auch selbst hätte kommen können! Praiosmin blieb dadurch fast ein Jahr auf ihren Marmorquadern sitzen, bis kürzlich eine neue ausreichend stabile Brücke errichtet worden ist. Aber zurück zum Reichskongress - in meinen Augen treffen sich dort nur unwichtige Leute zum salbadern. Unsere frisch bestallten neuadligen Nachbarn beratschlagen dort mit Lakaien der Kaiserin, was man tun könnte oder was sie gerne in ihren Wunschträumen täten - aber am Ende laufen die Dinge dann hierzulande doch so, wie die alten Familias es wollen, während diese Speichellecker und Wendehälse kommen und gehen. Die wirklich wichtigen Dinge werden in privaten Unterredungen wie unserer hier entschieden - nicht auf dem Reichskongress. Wenn es Euch also nicht unbedingt zu dieser Posse und Zeitverschwendung zieht, könnten wir von mir aus auch während dieser Zeit zuschlagen. Denn soweit ich weiß, ist unsere Feindin seit ihrem mysteriösen Verschwinden auf einer Landständeversammlung durch das Wirken ihres Hexer-Geliebten Rakolus zu Landtagen und dergleichen nie mehr geladen worden. Wenn also alle Welt an diesen Tagen auf Ragath blickt, hätten wir in Selaque freie Hand um zuzuschlagen. Nun was sagt Ihr?"
 
Während Rifadas Monolog war draußen Hufgetrappel und Stimmengewirr aufgekommen. Vermutlich hatte nun auch die im Schnee steckengebliebene Braut des Aranjuezers den Weg in ihr zukünftiges zweites Heim gefunden.
 
 
----
'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]]
 
Der Hausherr wandte den Blick kurz gen [[:avwik:Alveran|Alveran]], als sein Gast verkündete, unter diesen Umständen selbstverständlich an der Hochzeit teilnehmen zu wollen - und ein gewichtig-ernstes Wörtchen mit seinem Schwiegervater wechseln zu wollen. Scheinbar wollten ihm die Götter auch nichts ersparen. Zweifellos würde sich auch dieser [[Grafschaft Yaquirtal|Yaquirtaler]] [[Gendahar von Streitzig|Lump]] blicken lassen, und sich an seinem Wein und seinen Speisen gütlich tun und den Dämchen nachstellen, nur weil er unglücklicherweise der Onkel der Braut war. Seine Augen freilich fanden nur hölzerne Deckentäfelung.
 
"Gewiss, es wird mir gleichermaßen Ehren wie Freude sein", nickte er, wenngleich sich zumindest Letzteres dann wohl nur auf den Zeitraum bis zu jenem Moment bezog, an welchem sich Rifada da Vanya den armen Grafen zur Brust nehmen würde. Bei der Erwähnung der Sabotage der Brücke über die Selaqua hob er nur unschuldig die Hände. Auch wenn sie meinte Bescheid zu wissen, und vorgab ihm die Sache nicht nachzutragen, so würde er den Namenlosen tun und ihre Worte mit einem Geständnis bestätigen.
 
Ihren Monolog begleitete er mit einer Art wehmütigem Lächeln. Vieles, wenn nicht gar alles, entsprach genau der Meinung des Baron und Junkers. Wie bedauerlich, dass die Wendungen des Schicksals sie ob der Grafenfrage in verschiedenen Lagern zurück ließ. "Ich fürchte...", grinste er schließlich schief "...dass man auf meine Anwesenheit in Ragath Wert legen wird." Tatsächlich hatte er ob seiner [[:gar:Answin von Rabenmund|answinistischen Vergangenheit]] Reichskongresse und dergleichen in der Vergangenheit gemieden wie die [[:avwik:Hexe|Hexe]] den [[:avwik:Praioskirche|Praios-Tempel]]. Nun, da er aber quasi in direkter Nachbarschaft stattfinden würde, gingen ihm die Entschuldigungen aus, zumal er auch seinen zukünftigen Schwiegervater bloßstellen würde, 'glänzte' er wieder einmal durch Abwesenheit.
 
"Freilich böte ein Abwarten bis nach dem Reichskongress die Möglichkeit Ihre Majestät vor vollendete Tatsachen zu stellen. Wie Ihr schon ausführtet, kümmern sich offensichtlich weder Gareth noch [[:avwik:Elenvina|Elenvina]] sonderlich um die Verhältnisse in Selaque. Fiele die Elenterin in jenen Tagen, würde Ihre Majestät zweifellos umgehend einen neuen Reichsvogt bestellen, womöglich aus den Reihen ihrer neuadligen Günstlinge und Speichellecker. Fällt die Vogtin wenn die Kaiserin fern ist, so wird es Wochen oder gar Monde dauern, bis Ihre Majestät die Nachricht erreicht. Zeit, welche eine kommissarische Reichsvogtin nutzen könnte, sich unentbehrlich zu machen..."
 
Ein kurzer Seitenblick seinerseits verriet, dass auch er den Lärm von draußen vernommen hatte. Anmerken ließ sich Hernán von Aranjuez die zweifellos beunruhigende Situation allerdings nicht. Noch nicht.
 
 
----
'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
 
Rifada kräuselte die Stirne, als der Hausherr seine Ansichten zum Reichskongress geäußert hatte. „Ich kann verstehen, dass Ihr Euer Erscheinen dort dann unter diesen Umständen für unumgänglich erachtet - aber für mich ist es nichts als Zeitvergeudung, dort mit dahergelaufenen [[Haferyaquirien|Haferyaquirern]] über unsere guten althergebrachten Rechte streiten zu müssen, die diese Auswärtigen einen Dreck angehen! Wie ich schon sagte - die wirklich wichtigen Dinge regeln wir sowieso untereinander - so wie jetzt in diesem Fall wider die bosquirische Jungfer. Nur feige Laffen, die zeit ihres Lebens beim Fechtunterricht immer gefehlt haben, wenden sich an die Krone, wenn ihnen jemand ein Unrecht antut.“
 
Sie schnaubte verächtlich. „Da zahlt man es derjenigen einfach doppelt und dreifach zurück, so dass sich erst ihre Kindeskinder wieder vom Gegenschlag erholen - so schafft man klare Verhältnisse und nicht, indem man sich am Rockschoß der Kaiserin ausheult.“
 
Die Tür des Zimmers ging auf, der Majordomus Mahmud trat wieder ein, dicht gefolgt von einer sehr schönen, luxuriös gekleideten jungen Frau, der wiederum zwei junge Frauen - offenbar Mägde oder Zofen - mit einem respektvollen Abstand hinterher folgten. „Ich bitte um Vergebung für die ungebührliche Störung“ stammelte der tulamidische Haushofmeister sichtlich verlegen und zuckte mit den Achseln, „aber Eure werte….äh...zukünftige Ehegemahlin bestand darauf, sofort zu Euch vorgelassen zu werd-!“
 
„Ja, ja, schon gut, Er kann sich zurückziehen!“ wank ihn Rahjada-Mera von Ehrenstein-Streitzig schnippisch beiseite. „Schaut nur mein Liebling, welche Auswahl an wunderbaren Stoffen und Schnittmustern ich vom besten Schneider Ragaths mitgebracht habe, damit Ihr rechtzeitig drei oder vier Kleider für mich für unser beider Hochzeit in Auftrag geben könnt.“ Sie wies mit großer Geste auf die Pakete, die die ihr nachfolgenden Zofen behutsam in den Händen trugen. Dann erstarrte sie aber, da sie erst jetzt richtig wahrnahm, mit wem ihr Anverlobter bei Tisch saß.
 
„Was macht DIE hier???“ frug sie entsetzt und deutete angewidert auf Rifada. Das grobe unverschämte Weib saß hier doch tatsächlich barfuß und so abgerissen, wie sie sie selbst getroffen hatte, an der Tafel ihres zukünftigen Zweitwohnsitzes und schien vertrauensvoll bekannt mit ihrem Gemahl in spe zu sein.
 
„Keine Sorge, Täubchen!“ knurrte Rifada. „Ich wollte gerade wieder gehen! Ein solcher Firlefanz“ - sie deutete auf die Pakete der jungen Frauen, die ebenso verächtlich wie ihre Herrin bei ihrem Anblick die Nase gerümpft hatten - „muss natürlich Vorrang haben vor der Planung eines Kriegszuges - zumindest bei Frischverliebten!“ 
 
Sie blinzelte Dom Hernán verschwörerisch zu und ging zur Tür, die ihr der Haushofmeister sofort höflich öffnete. „In sechs Wochen also!“ erinnerte sie den Hausherrn noch einmal. „Kommt Ihr dann zu mir ins Vanyadal, am besten nur mit einer kleinen Gefolgschaft von Euch treu ergebenen, vertrauenswürdigen Kämpen und ich bringe uns dann auf alten Schmugglersteigen ungesehen bis an den Fuß des Euch bekannten Berges! Bis dahin - gebt auf Euch acht!“ Sie schaute dabei vielsagend zur jungen Braut des Aranjuezers, als stelle sie die gefährlichste Bedrohung für dessen weiteres Leben dar.
 
 
----
'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]]
 
"Gewiss", nickte der Condottiere zustimmend, auch wenn er es sicherlich bevorzugte, dass sich nicht einmal mehr die Kindeskinder von einem seiner Schläge erholen würden. Die di Alinas konnten ein Lied davon singen, begleitet vom Pfeifen des Windes über der Wüstenei, welche dereinst ihr Junkergut gewesen war. Einen Moment grübelte er über die Familienverhältnisse der Elenterin nach. Hatte nicht die [[Richeza Aldonaza von Scheffelstein|Scheffelsteinerin]] Stein und Bein geschworen, dass die Reichsvogtin einen Bastard vom [[Rakolus von Schrotenstein|Schwarzen Rakolus]] hatte?
 
Die sich öffnende Türe riss ihn aus seinen Gedanken. Mit der Rechten machte er eine kleine, beruhigende Geste gegenüber dem bedauernswerten Mahmud. Es war schließlich nicht zu erwarten gewesen, dass der greise Haushofmeister der forschen Grafentochter allzu lange würde Widerstand leisten können. Sein zweiter Blick galt den Augen seiner zukünftigen Gemahlin, um diese dann mit nachdrücklichem Nicken auf das benutzte Geschirr auf dem Tisch zu lenken. Diese kleine Erinnerung an die guten Sitten und Gebräuche des Gastrechtes sah er wohl als notwendig an, ehe er ansetzen wollte, um sie und ihre Stoffe auf später zu vertrösten. Doch nahm ihm Rifada dies ab, als sie ihrerseits das Heft des Handels in die Hand nahm und Anstalten zum Aufbruch machte. Nicht ohne seiner Verlobten zuvor noch haarklein auseinanderzusetzen, welcher Natur ihr Treffen war. Nicht, dass er gedachte seiner Zukünftigen dergleichen zu verheimlichen, doch wäre es dem Hausfrieden heute gewiss dienlicher gewesen, wenn er dies zum rechten Zeitpunkt mit den rechten Worten hätte tun können.
 
So blieb ihm wenig anderes übrig, als kurz verdrießlich die Lippen zu verziehen, und sich seinerseits zu erheben. "Selbstverständlich steht Euch mein Haus zur Verfügung, solltet Ihr Euch noch von den Reisestrapazen erholen wollen." Das mochten die guten Götter verhüten, Rifada da Vanya und Rahjada von Ehrenstein-Streitzig länger als unbedingt notwendig unter einem Dach. "Mahmud wird Euch mit der Garderobe behilflich sein, und, so Ihr es wünscht, den Weg zur Rüstkammer zeigen."
 
Der alte Aramya riss die Augen auf. Vom Regen in die Traufe sozusagen. Einerseits froh, dass er den launischen Fängen Domna Rahjadas einstweilen entronnen war, schien es nicht, dass er Domna Rifada als wesentlich umgänglichere Alternative erachtete. "Gewiss hat Domna [[Elea von Aranjuez|Elea]] noch einige...", setzte er ein wenig voreilig an, und täuschte dann einen fürchterlichen Hustanfall vor, als ihm die Bemerkung der Vanyadalerin hinsichtlich des 'Firlefanz' einfiel, den Rahjada von Ehrenstein-Streitzig angeschleppt hatte. Mal davon abgesehen, dass die Statur ihres Gastes nun wirklich nicht recht zur rahjagefälligen Mode der aranjuezer Hofdame passte.
 
*''Die Geschichte um Domna Rifada wird hier fortgesetzt: [[Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 15|Schauplatz: Kloster La Dimenza, Mark Ragathsquell, Teil 15]].''
 
 
'''Später, im Bädertrakt des Junkergutes'''
 
"Ich habe Euch nicht gestattet mir Gesellschaft zu leisten", verzog Rahjada von Ehrenstein-Streitzig die Lippen, als ihr zukünftiger Gemahl die Stufen des Wasserbeckens hinab schritt, und ungeachtet ihres Einwandes in das wohlig warme Wasser eintauchte. Rifada da Vanya war umgehend aufgebrochen, derweil sich die Grafentochter entschuldigt hatte. ''Um mich von den Strapazen einer Kutschfahrt von Ragath nach Aranjuez zu erholen'', wie sie schnippisch angemerkt hatte, ehe sie, gefolgt von ihren Damen, davon stolziert war.
 
"Glücklicherweise neigen Generationen derer von Aranjuez nicht dazu auf ihrem eigenen Grund und Boden um Erlaubnis zu fragen. Ich gedenke es ebenso zu halten", schmunzelte der Hausherr, und fing sich als Antwort einen Schwall Wasser im Gesicht ein, als seine Verlobte die flache Hand in seine Richtung ins Wasser hieb.
 
Nachdem sich Hernán von Aranjuez das Wasser aus den Augen gewischt hatte, ließ er sich auf einer Stufe nieder, sodass ihm das Wasser bis zur Brust reichte, und er sich bequem an den Beckenrand lehnen konnte. "Also?", forderte er sie auf ihm die Leviten zu lesen, derweil er sich an einem am Beckenrand stehenden Tablett mit Wein bediente.
 
Rahjada von Ehrenstein-Streitzig überbrückte die kurze Distanz zwischen ihnen und ließ sich auf seinem Schoss nieder, schlang einen Arm um seinen Hals und griff mit der anderen Hand nach seinem Weinkelch. "Ich bin äußerst ungehalten, dass Ihr Euch mit erklärten Feinden meiner Familia gemein macht", erklärte sie ihm wenig überraschend, ehe sie einen Schluck des Rebensaftes nahm. "Und untersteht Euch mir mit diesem ''Der Feind meines Feindes ist mein Freund''-Unsinn zu kommen! Die da Vanyas hassen uns, allen voran diese scheußliche alte Vettel! Plant lieber einen ''Kriegszug'' GEGEN sie, denn mit ihr!"
 
"Ihr vergesst, dass diese ''scheußliche Vettel'' mir im Burghof von Castillo da Vanya das Leben gerettet hat. Außerdem..."
 
"Das Leben gerettet!? Sie und die ihren haben Euch doch erst in diese [[Querella]] hinein gezogen! Was war Euch denn Praiosmin von Elenta bis zu jenem Tage? Wenn es jemals eine Schuld gab, so habt Ihr sie beglichen, als Ihr diese Brut vor meinem Hohen Vater gedeckt habt! Es ist ja nicht so, als wäre ihr Vetter [[Lucrann da Vanya|Lucrann]] in den letzten Götterläufen als vorbildlicher Vasall aufgefallen, war häufiger in [[:avwik:Herzogtum Weiden|Weiden]] denn in seiner [[Baronie Schrotenstein|Baronie]]. Statt diese Bagage auch noch zu unterstützen, sollte man ihre manigfaltigen Verfehlungen anzeigen, und sie hinaus werfen aus [[Ragatien]] und Almada! Sollen sie doch alle nach Weiden gehen, wenn es dort soviel schöner ist!"
 
Die Grafentochter hatte sich in Rage geredet, und es bedurfte eines kurzen Griffes nach ihrer Hand ehe sie bemerkte, dass sich die Fingernägel jener recht unsanft in seine Schulter gekrallt hatten. "Ich verstehe Euren Groll ja", beruhigte er sie. "Aber so ist das mit alten Geschlechtern nun einmal: irgendwer hat immer irgendwo irgendwelche Ansprüche - und ist unzufrieden sie nicht erfüllt zu sehen. Ihr könnt es ihnen ja schlecht verübeln, dass sie euch den [[Marmorthron]] neiden. Schlimmeres als entsprechende Tiraden aber ist mir von den da Vanyas bislang nicht zu Ohren gekommen. Nicht einmal von Domna Rifada."
 
"Und könnt Ihr mir verübeln, dass ich es gar nicht erst schlimmer kommen lassen möchte? Der Gärtner wartet ja auch nicht erst bis das ganze Rosenbeet voller Unkraut ist, sondern schreitet gleich beim ersten falschen Pflänzlein zur Tat...", wisperte sie zum Ende hin gefährlich leise.
 
Entsprechend hörbar armete Hernán von Aranjuez erst einmal durch. "Wollt Ihr denn hinsichtlich der [[Familia von Graytenau|Graytenaus]] und [[Familia von Ragathsquell|Ragathsqueller]] gleichfalls ''zur Tat schreiten''?"
 
"Warum nicht, sollten sie unseren Anspruch in gleicher Weise leugnen wie die da Vanyas es tun? Und die [[Familia Jurios|Jurioser]] gleich mit ihnen, sollten sie sich hinsichtlich ihrer alten [[Landgrafschaft Caldaia|Landgrafschaft]] irgendwelchen Schwachheiten hingeben. Unsere Hochzeit wird das Bündnis mit den [[Familia von Harmamund|Harmamunds]] besiegeln. Gibt es einen besseren Zeitpunkt mit diesen ganzen Prätendenten aufzuräumen, solange Euer alter [[Gwain von Harmamund|Freund]] noch armet."
 
Die Augen des ehemaligen Adjutanten des Fürsten verengten sich. "Sprecht nicht so von Seiner Durchlaucht."
 
"Aber er ist doch alt!", protestierte sie, um ihm dann versöhnlich einen Kuss auf den Hals zu hauchen. "Ich spreche nur aus was alle denken, Liebster. Mögen die Götter ihm noch viele Jahre gewähren. Auch wegen Eurer Verbindung. Aber es kann nun einmal von heute auf morgen vorbei sein. Warum also die Zeit nicht nutzen?"
 
Der Baron und Junker warf die Stirn in Falten. "Seid Ihr schon einmal auf den Gedanken gekommen, dass die vielen verschiedenen Prätendenten den Interessen Eurer Familia am Besten dienen? Niemand mag Eurem Hohen Vater die Grafenwürde gönnen, aber glaubt deshalb nicht, dass Domna Rifada lieber einen Ragathsquell oder einen Graytenau auf dem Marmorthron sähe. Und umgekehrt." Von den Harmamunds sprach er gar nicht erst.
 
Rahjada von Ehrenstein-Streitzig hatte sich während seiner Worte einen Schluck Wein gegönnt, um nun nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum zu kauen. "Vielleicht habt Ihr Recht. Bis auf die Sache mit den da Vanyas. Sie nehmen sich zu viel heraus, um sie einfach so gewähren zu lassen. Viel zu viel. Einerlei, lasst uns nun von wichtigeren Dingen sprechen: den vier oder fünf Kleidern, die ich für die Hochzeit benötige..."  


Es mochte ihm durch den Kopf gegangen sein, dass es vorhin noch drei bis vier Kleider gewesen waren. Das war freilich bevor er seine Verlobte mit seinem Gast verärgert hatte. Immerhin erhielt er seinen Weinkelch zurück, während die Grafentochter ihm, der sich bevorzugt auf Schwarz und Silber beschränkte, ausführlich die Vor- und Nachteile bestimmter Farben, Stoffe und Schnittmuster erläuterte...




Zeile 169: Zeile 275:
{{Chronik.Ereignis|Zurück=[[Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 11|Teil 11]]|Chronik:Jahr=Chronik:1036|Ereignisname=[[Chronik:1036#Besuch im Vanyadâl|Besuch im Vanyadâl]]|Teil=Teil 12|Weiter=[[Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 13|Teil 13]]}}
{{Chronik.Ereignis|Zurück=[[Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 11|Teil 11]]|Chronik:Jahr=Chronik:1036|Ereignisname=[[Chronik:1036#Besuch im Vanyadâl|Besuch im Vanyadâl]]|Teil=Teil 12|Weiter=[[Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 13|Teil 13]]}}


{{DEFAULTSORT:11}}[[Kategorie:Chronik.Ereignis1036]]
{{DEFAULTSORT:12}}[[Kategorie:Chronik.Ereignis1036]]