Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 21: Unterschied zwischen den Versionen

Von Scheffelstein (Diskussion | Beiträge)
Keine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
(2 dazwischenliegende Versionen von einem anderen Benutzer werden nicht angezeigt)
Zeile 54: Zeile 54:


"Und die geschätzte Domna Belisetha wird gefangen gehalten? Das wiederum ergibt für mich noch weniger Sinn. Was, wenn ich fragen darf, ist bereits zwischen Euch und der jungen Harmamund vorgefallen, dass sie, so scheint mir, den alten Zwist wieder aufleben lässt und sogar eine so ehrbare und hochgeschätzte Domna wie Eurer Mutter Schwester als Geisel hält?"
"Und die geschätzte Domna Belisetha wird gefangen gehalten? Das wiederum ergibt für mich noch weniger Sinn. Was, wenn ich fragen darf, ist bereits zwischen Euch und der jungen Harmamund vorgefallen, dass sie, so scheint mir, den alten Zwist wieder aufleben lässt und sogar eine so ehrbare und hochgeschätzte Domna wie Eurer Mutter Schwester als Geisel hält?"
----
'''Autor:'''[[Benutzer:SteveT|SteveT]]
Rifada schnaubte geräuschvoll. "Vieles ist zwischen uns vorgefallen, sehr vieles!  Erst vorgestern haben wir beide die Klingen gekreuzt, wenn Ihr es genau wissen wollt!" Sie griff sich nun auch eine Punipan-Kugel und zerbiss sie mit mahlendem Kiefer, ehe sie weitersprach. "Der Urspung unserer Fehde mit den Harmamunds ist eine lange Geschichte und datiert aus Tagen, an denen keiner von uns beiden bereits geboren war."
Sie winkte ab, offenbar voller Unlust, diese ganze lange Geschichte hier und heute noch einmal zu erzählen. Stattdessen begann sie mit den Geschehnissen dieser Woche: "Vorgestern kamen Belisetha, meine Nichte Richeza und ich auf dem Weg zu unserer Besitzung [[Castillo Quazzano|Quazzano]] im Noionitenstift [[La Dimenzia]] an und stießen dort auf Morena von Harmamund mit einigen ihrer Spitzbuben. Ein Wort gab das andere, sie und ich zogen blank - aber ehe ich ihr das Fell über die Ohren ziehen konnte, hatte auch schon einer ihrer Schurken meiner Nichte den Degen an die Kehle gesetzt, die nur unseren Streit hatte schlichten wollen, und jene zum ersten Mal als Geisel genommen. In der folgenden Nacht brach dann eine Feuersbrunst im Kloster aus, während wir dort nächtigten - es brannte beinahe vollständig nieder. Richeza und ich konnten uns selbst und auch einige der Fraternellos retten. Belisetha aber wähnten wir irrtümlich als ein Opfer der Flammen. Später stellte sich heraus, dass sie gar nicht tot ist, sondern in Wahrheit von der Schlange Morena gefangen genommen worden war, die sie auf Burg Harmamund verschleppte! Meine Nichte ritt dorthin, um im Namen unseres Soberans [[Amando Laconda da Vanya|Amando]] ihre sofortige Freilassung zu verlangen - aber auch sie wurde gefangen gesetzt! Schlussendlich hetzte Morena auch noch mir selbst zwölf ihrer Reiter auf den Hals, als ich ihr traditionsgemäß den Ausbruch unserer Blutfehde verkünden wollte, wenn sie meine Anverwandten nicht freigäbe. Ich konnte diesen nur mit knapper Müh und Not entkommen, da sie es nicht wagten, mir mehr als ein paar hundert Schritt in Euer Lehnsland hinein zu folgen. Was sagt Ihr, zu solchen Infamien? Ist es da nicht nur mein gutes Recht, sondern sogar meine Pflicht, einer solchen ehrlosen Schurkin und ihrer ganzen Rasse den Großen Hader der Familias zu erklären, damit das Blut sühnt, was das Blut verbrach? Ich weiß, dass das ganz Ragatien und Bosquirien in einen inneren Krieg stürzen kann - aber ich sehe keinen anderen Weg, wie ein ehrbares Haus wie das unsere auf einen solchen Affront antworten könnte ..."
----
'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Talfan von Ragathsquell betrachtete sorgenvoll seine Finger. Wenn sich wahrhaftig alles so zugetragen hatte, wie seine Besucherin sagte – und er zweifelte nicht daran, denn sie war als aufrecht und geradeheraus bekannt, nicht als Ingtrigantin –, dann war es wahrlich nur schwer, einer Fehde zu entgehen. Ihre Ehre und die ihrer Familia geboten es. Seine Ehre würde es gebieten, sich ihrer Sache anzuschließen, denn seit man seinen [[Zayano von Ragathsquell|Großvater]] der Buhlschaft mit Domna Rifadas Großmutter, der Fürstin [[Rahjada da Vanya]], bezichtigt hatte – vollkommen zu Unrecht, wie jeder wusste! –, waren die beiden Häuser in gerechtem Zorn wider die Harmamunds vereint. Mehr noch: Domna Rifadas [[Leonida da Vanya|Mutter]] hatte Talfans Onkel [[Rohalio von Ragathsquell|Rohalio]] geehelicht, damit war die Vanyadâlerin seine direkte Base. Mochten die da Vanyas auch mit den Harmamunds verwandt sein: Die Ragathsqueller standen ihnen näher.
Wenn nun aber Talfan so kurz vor dem Hoftag in eine grafschaftsweite Fehde verwickelt wurde, konnte er alle Hoffnungen begraben, die Kaiserin mit seiner Köche Künste zu beeindrucken. Ja, der Graf würde niemals den Leibkoch eines Aufrührers an seinem Hofe dulden, und als solchen würde man ihn bezeichnen, Blutrecht hin oder her, dazu stand das Haus da Vanya dem derzeitigen Grafenhaus zu offen ablehnend gegenüber. Was also tun?
Talfan stopfte sich einige Punipan-Kugeln auf einmal in den Mund, um noch etwas Zeit zu gewinnen und seinem Geiste Futter zu verleihen, aber es war spät in der Nacht und er hatte seit Jahren vermieden, das politische Parkett zu betreten, auf dem er sich mittlerweile so unbeholfen fühlte wie auf dem Tanzboden.
"In der Tat", sagte er gedehnt, "das ist ein tolles Schurkenstück, dass die Harmamund da aufführt. Vergeltung ist unumgänglich. Allerdings", fuhr er hoffnungsvoll fort, "seid nicht nur Ihr beleidigt worden, sondern vor allem seine Eminenz, in dessen Namen Eure Nichte in Harmamund vorsprach, nicht wahr? Eine Fehde sollte demnach von höchster Stelle Eurer Familia ausgesprochen werden, um die rechte, landesweite Wirkung zu erzielen. Ihr solltet Euren Soberan auf schnellstem Wege in Kenntnis setzen, auf dass er seinen Handschuh mit gesiegeltem Schreiben überbringen kann und so der Form genüge tut."
Talfan leckte sich über die Lippen und nahm noch einen kräftigen Schluck Wein. Er wusste nur allzu gut, dass der Großinquisitor weit weniger hitzköpfig war als ein Großteil seiner weiblichen Verwandtschaft, und genau darin legte er seine Hoffnung. Vielleicht käme er doch noch heil aus dieser Sache heraus.
"Weiterhin sollten wir, um der Tradition Eures Vaters zu folgen, das Hochgericht anrufen und Anklage erheben gegen die Harmamund wegen Entführung, Freiheitsberaubung und Mordes." Er sann einen Moment darüber nach, dass ein solches Gericht vermutlich unter dem Vorsitz des Grafen stattfände und wohl erst frühestens während des Hoftages oder erst danach abgehalten würde und entschied, dass auch dies seinen Plänen zupass käme. "Ja", sagte er entschlossen, "das sollten wir tun."
----
'''Autor:'''[[Benutzer:SteveT|SteveT]]
"Ach was!", wischte Rifada Talfans Vorschläge mit einem unwirschen Abwinken beiseite. "Nur Schwächlinge und Rohalsjünger ziehen vor Gericht!" Sie nahm ihr Bastardschwert aus dem Schwertgurt an der Seite und klopfte damit zweimal knallend auf den Tisch. "Damit regelt man solche Angelegenheiten! Bis das Gericht überhaupt zusammentritt, habe ich diesem Aas Morena schon den Schädel zerschlagen! Diese Tat bleibt nicht ungesühnt, dessen seid gewiss, denn meine Nichte Richeza war das Einzige, was mir noch von meiner kleinen Schwester Madalena geblieben war. Ich habe sie wie ein eigenes Kind geliebt und diejenige, die sie mir nahm, wird dafür selber sterben. So will es nicht nur die Blutrache, so will ich es auch selbst mit ganzem Herzen! Was meinen Oheim Amando betrifft ..." sie kräuselte die Stirn und machte eine kleine Pause, in der sie offenbar kurz über etwas nachdachte.
"Ihr wisst so gut wie ich, dass er Kleriker ist - diese Leute wurden von klein auf dazu erzogen, andere mit Worten zu überzeugen - selbst dann noch, wenn Worte fehl am Platze sind und wenn Taten sprechen müssen, wie es jetzt der Fall ist.  Sicher haben die Harmamunds gegen seinen geschriebenen Befehl verstoßen, was ihnen vielleicht eine Rüge durch die Reichskirche einbringen wird - aber was kümmert das Morena schon? Wenn ich ein paar ihrer Dörfer niederbrenne, die ganzen verdammten Stiere ihrer Mutter auf der Weide totsteche, die Rebhänge verwüste und ihre Pferdeherden in alle Himmelsrichtungen auseinander treiben lasse - das wird sie kümmern, denn genau das hat sie verdient. Nach Euch werde ich auch dem alten Scheffelsteiner Bescheid geben, dem Richeza ebenso teuer war wie mir, und werde gleichzeitig veranlassen, dass in ganz Schrotenstein und den uns gehörigen Gebieten in Selaque und Kaiserlich Bosquirien der Landsturm einberufen wird! Die Bosquirer sind Wehrbauern - ein harter und unbeugsamer Menschenschlag, wegen dem ständigen Abwehrkampf gegen die Wilden. Davon wird sich Morena mit ihren verwöhnten Landsassen hier bald ein eigenes Bild machen können! Ich werde den tapferen aber armen Leuten daheim sagen, dass sie alles mitnehmen können, was ihnen auf dem Grund der Harmamunds in die Hände fällt - das wird ihnen Flügel verleihen! Ihr tut gut daran, mein lieber Talfan, wenn dann für jedweden ersichtlich ist, dass Ihr auf unserer Seite streitet. Ihr könnt Euch bei den Kämpfen im Hintergrund halten, denn ich weiß, dass Ihr kein Freund des Waffengangs seid. Aber ''sehen'' muss man Euch - es wäre schön, wenn man Euch und die Eurigen unter dem Wappen des Panzerhandschuhs an der Seite von Lucrann und mir sehen würde. Traut Ihr Euch das zu? Können wir auf Euch zählen, mein Vetter?"
----
'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Talfan von Ragathsquell zog ein Taschentuch aus seinem Wams und wischte sich damit die Schweißperlen von Stirn und Nacken. Diese ganze Angelegenheit brachte ihn schon jetzt in Schwierigkeiten, und es war kaum abzusehen, dass es besser würde.
"Selbstverständlich", brachte er ein wenig atemlos hervor, "bin ich auf Eurer Seite, geschätzte Rifada. Allerdings", fügte er hinzu und spreizte die fleischigen Finger, in die seine Ringe so tief einschnitten, dass die Fingerkuppen blaurötlich verfärbt waren, "muss ich darauf bestehen, dass Ihr der Harmamund die Fehde nach allen Regeln der [[Cortezia]] erklärt. So kurz vor dem Kaiserlichen Hoftag, das versteht Ihr gewiss, kann ich mir nicht erlauben, wegen eines ... Formfehlers ... möglicherweise der Reichsacht ... nun, also, die Kaiserin und Ihre ... äh ... Hofschranzen ... werden gewiss zu verhindern versuchen ... und deshalb solltet Ihr da auch sehr vorsichtig sein und nicht ohne Fehdebrief und Siegel, und wenn nicht den Eures Soberans, so doch Euren eigenen ... nun, kurzum: Erklärt Ihr die Fehde, aber überfallt sie nicht, als wäret Ihr eine Raubritterin, versteht Ihr? Darauf muss ich bestehen, denn ich habe einiges zu verlieren. Einiges zu verlieren."
Abermals wischte er sich den nun in kleinen Bächen fließenden Schweiß von den Schläfen. "Noch sicherer wärt Ihr", fügte er lahm hinzu, "wenn Ihr Eurer Rache bis nach dem Hoftag Aufschub gewährtet." Im Stillen nahm Talfan sich vor, noch vor dem Zu-Bett-Gehen eine Taube nach [[Castillo Quazzano|Quazzano]] zu schicken, um Amando Laconda da Vanya über die Pläne seiner Nichte in Kenntnis zu setzen. Eine Formulierung, die ihm vonseiten der Vanyadâlerin als Ungeschick statt als Verrat angelastet werden könnte, würde ihm schon einfallen. Mochten die Götter geben, dass sein Banner nicht bald im Wind des Krieges zu wehen hatte. Wahrlich, er war alt und bequem geworden, und mit jedem Kinde, das sein holdes Weib in die Wiege gelegt hatte, war er ein größerer Feigling geworden. Er wollte seine Kinder an guten Höfen speisen, sie üppig wachsen und erblühen und sich reichlich vermehren sehen, nicht aber, sie auf dem Boronanger unter dem in einer blutigen Fehde gebrochenen Rad begraben müssen.