Chronik.Ereignis1033 Feldzug Raschtulswall 07: Unterschied zwischen den Versionen

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"Windstag, Mutter!", antwortete dieser. "Die Parole lautet heute also ..."
"Windstag, Mutter!", antwortete dieser. "Die Parole lautet heute also ..."


"TOD DEM ROTEN DRACHEN!", brüllten Mutter und Sohn unisono hinauf - eine Anspielung auf die Feindschaft zum Hause Harmamund, die aus dem 'Ragather Rosenkrieg' hervorgegangen war. Tatsächlich setzen sich sofort die Ketten der Zugbrücke rasselnd in Bewegung, und das Fallgatter wurde quietschend emporgezogen um die Gruppe in den Burghof zu lassen, wo sogleich einiges Gesinde und der Hausherr, Domna Rifadas Ehegemahl [[Berengar von Schlehen]], zusammenliefen.
"TOD DEM ROTEN DRACHEN!", brüllten Mutter und Sohn unisono hinauf - eine Anspielung auf die Feindschaft zum Hause Harmamund, die aus dem '[[Ragather Rosenkrieg]]' hervorgegangen war. Tatsächlich setzen sich sofort die Ketten der Zugbrücke rasselnd in Bewegung, und das Fallgatter wurde quietschend emporgezogen um die Gruppe in den Burghof zu lassen, wo sogleich einiges Gesinde und der Hausherr, Domna Rifadas Ehegemahl [[Berengar von Schlehen]], zusammenliefen.


"Liebling! Du bist schon zurück", freute sich dieser und wollte seine Frau umarmen, die ihn aber mit dem Ellenbogen wie einen lästigen Bittsteller auf Distanz hielt, sodass er stattdessen nur seinen Sohn umarmte und auch seiner angeheirateten Nichte Richeza freundlich übers Haar strich. Vor Dom Hernán verbeugte er sich tief.
"Liebling! Du bist schon zurück", freute sich dieser und wollte seine Frau umarmen, die ihn aber mit dem Ellenbogen wie einen lästigen Bittsteller auf Distanz hielt, sodass er stattdessen nur seinen Sohn umarmte und auch seiner angeheirateten Nichte Richeza freundlich übers Haar strich. Vor Dom Hernán verbeugte er sich tief.
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Tatsächlich flatterte kurz nach Sonnenaufgang des nächsten Tages eine Brieftaube mit einer - sehr kurzen und kühlen - Nachricht vom Bergfried aus in Richtung der Grafenfeste von Ragath.
Tatsächlich flatterte kurz nach Sonnenaufgang des nächsten Tages eine Brieftaube mit einer - sehr kurzen und kühlen - Nachricht vom Bergfried aus in Richtung der Grafenfeste von Ragath.
*''Die Geschichte der Brieftaube wird hier fortgesetzt: [[Chronik.Ereignis1033 Feldzug Ragath 01|Schauplatz: Ragath, Teil 01]].''


====17. Praios====
====17. Praios====
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Dennoch hofften die Magnaten, er wisse vielleicht mehr über den Aufenthaltsort seines Vaters, gerade wenn er den Praioten nahe stand. Und so beschlossen sie, zunächst Zafiro und auf dem Rückweg zum Castillo da Vanya seiner Tante Udinia einen Besuch abzustatten.
Dennoch hofften die Magnaten, er wisse vielleicht mehr über den Aufenthaltsort seines Vaters, gerade wenn er den Praioten nahe stand. Und so beschlossen sie, zunächst Zafiro und auf dem Rückweg zum Castillo da Vanya seiner Tante Udinia einen Besuch abzustatten.


Sie waren noch nicht lange aus Elenta heraus, als sie hinter einer Wegbiegung auf eine Handvoll Ferkinas stießen, die unbekümmert auf einem Hügel rasteten und eine Ziege ausnahmen, die sie zweifelsohne gestohlen hatten. Die sechs Männer konnten kaum nach ihren Waffen greifen, da hatte Domna Rifada den ersten bereits niedergeritten und einem zweiten mit dem Morgenstern den Schädel eingeschlagen. Die Barbaren schienen jedoch nicht gewillt, sich einfach abschlachten zu lassen. Sie sprangen auf ihre Bergpferdchen und trieben die Tiere rasch den Hügel hinan und in den Wald hinein, wohin die Magnaten ihnen mit den größeren Rössern nicht ohne Weiteres nachfolgen konnten. Einen noch holte Anzures Ballan mit einem mächtigen Hieb von seinem Pony, ehe eine der Söldnerinnen den Gestürzten kaltblütig erschlug. Drei Wilde aber entkamen, denen die Vanyadâlerin einige krude Beschimpfungen in ihrer eigenen Sprache hinterher rief.   
Beim Stammsitz der [[Familia von Elenta]] erlebten die Magnaten eine neuerliche Enttäuschung: Das Landhaus Domna Praiosmins war bis auf die Grundmauern niedergebrannt, das Feuer hatte auf die Felder und Weiden übergegriffen und diese in eine schwarze, stinkende Aschewüste verwandelt. Das Unwetter hatte die Flammen gelöscht, aber hier und dort wanden sich noch immer Rauchsäulen aus den Trümmern des Palacios. Auch die benachbarten Gesindehütten und Höfe waren dem Brand zum Opfer gefallen, und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Sie wollten schon umkehren, als eine der Mercenarias ein Mädchen erblickte, das sich zwischen den Mauerresten versteckte.
Als das Kind bemerkte, dass es entdeckt worden war, kletterte es über die Mauer und rannte mit bloßen Füßen über die kohlende Weide davon. Hätten die Söldner Böses im Sinn gehabt, wäre dies sein Tod gewesen. Nicht lange, und die Mercenaria hatte die Kleine eingeholt, die sich flehend und weinend mitziehen ließ. Älter als acht oder neun Götterläufe war sie gewiss nicht.
Es dauerte eine Weile, etwas Brauchbares aus dem verängstigten Kind herauszuholen, zumal es von Domna Rifadas barschem Verhörton nur noch weiter eingeschüchtert zu werden schien. Schließlich war es Dom Hernán, der dem Mädchen aufmunternd unter das Kinn fasste, es freundlich nach seinem Namen fragte und Anzures Ballan befahl, ihr etwas Brot und Käse aus ihrem Beutel zu reichen. Damit, womöglich mehr als mit den freundlichen Worten, gewann man das Vertrauen des hungrigen Kindes.
Bald wussten sie, dass die Bewohner des Anwesens sich vor einigen Tagen einen erbitterten Kampf mit den Ferkinas geliefert hatten, deren Überzahl jedoch offenbar nichts entgegenzusetzen gehabt hatten. Die Bergbarbaren hatten sämtliche Männer und Frauen niedergemetzelt, und auch die Kinder nicht verschont. In den Hals gebissen hätten die Ferkinas die Bewohner des Herrensitzes, erfuhren die Magnaten von dem schluchzenden Mädchen. Alles sei voller Blut gewesen, ja, durfte man dem Kind glauben, so hatten die Wilden das Blut ihrer Opfer sogar getrunken und ihnen die Herzen herausgerissen.
"[[Bâni Khadr#Die Sayadim Zhul|Sayadim Zhul]]", stieß Domna Rifada zwischen den Zähnen hervor, ohne die anderen darüber aufzuklären, was sie damit meinte. Nur drei Frauen hätten die Ferkinas mitgenommen, nachdem sie ihnen schreckliche Dinge angetan hätten, erzählte das Mädchen. Es selbst habe sich im Kellereingang hinter der offenen Tür versteckt und sei erst hervorgekommen, als das ganze Haus brannte. Sie hätte nicht gewusst, wohin, sagte die Kleine, und sei am Schöpfeimer in den Brunnen hinabgestiegen und habe sich erst am vorigen Tag getraut, wieder herauszuklettern.
Ob sie einen Zafiro kenne, fragte Dom Hernán, und das Mädchen nickte und weinte und sagte, die Ferkinas hätten den Hirten an ein Pferd gebunden und hinter sich her geschleift, bis er sich nicht mehr gerührt habe, weil er zwei von ihnen mit der Mistgabel erstochen habe, als sie sich über seine Tochter hermachten.
Eine Weile herrschte betroffenes Schweigen, selbst die Söldner starrten zu Boden oder in den wolkenverhangenen Himmel und schienen nur wenig Interesse zu haben, sich in der rauchenden Ruine nach Beute umzusehen. Schließlich bestimmte Domna Rifada, dass man das Mädchen mitnehmen und in Elenta unterbringen werde, schließlich könne man es nicht alleine hier zurücklassen. Dom Moritatio reichte dem Kind die Hand und hob es vor sich in den Sattel, wo er ihm leise tröstende Worte zuraunte.
Nun lag alle Hoffnung auf Tsacharias Schwester Udinia. Doch die sollten die Magnaten an diesem Tag nicht mehr erreichen. Als sie zwischen den Hügeln hindurch wieder auf Elenta zu ritten, ließ Domna Richeza auf einmal den Trupp anhalten und lauschte mit erhobener Hand. Nichts war zu hören als der unschuldige Gesang eines Vogels auf einer Kiefer und das Spiel des Windes in den Blättern eines Lorbeerstrauches. Sie ritten weiter, aber bald darauf warf Dom Hernán der Edlen von Eslamsstolz einen nachdenklichen Blick zu. "Ihr habt recht", sagte er, "irgendetwas stimmt hier nicht." Schließlich konnte Domna Richeza ihre Tante überzeugen, eine ihrer Kriegerinnen als Späherin vorauszuschicken, die bald darauf zurückkehrte und erklärte, fast dreißig Ferkinas hätten sich in der Elentinischen Ebene versammelt, und sie könnte schwören, unter ihnen jene erkannt zu haben, die sie am Vormittag in die Flucht geschlagen hatten.
Zunächst versuchten die Magnaten, einen Bogen um Elenta zu machen, um sich dem Ort von der anderen Seite zu näheren. Nicht lange aber, und sie bemerkten, dass die dreißig Ferkinas nicht die einzigen waren, die sich in der Ebene aufhielten. Nach nur einer halben Stunde wären sie beinahe einer Handvoll weiterer Wilder in die Arme gelaufen, bei denen es sich ganz offenbar um Späher handelte. Wen sie suchten, blieb auch nicht lange ein Geheimnis: die Magnaten selbst. Domna Rifada wollte kurzen Prozess mit den Barbaren machen, doch Dom Hernán sprach sich entschieden dagegen aus: Sie waren nicht hier, um Ferkinas zu jagen, und wenn auch nur einer der Ferkinas entkäme, dann wären sie alle geliefert, denn gegen dreißig würden sie nicht bestehen.
Schließlich mischte sich Domna Richeza in den Streit ein und pflichtete dem Dubioser Baron bei: Tot, sagte sie, nützten sie Praiodor und seiner Mutter nichts, und nur derentwegen seien sie schließlich hier. "Und um das heilige Rossbanner zurückzugewinnen - vergesst das nicht!", gab die Junkerin von Vanyadâl für dieses Mal klein bei, der es alles andere als genehm war, auch nur einen Ferkina hier in der Ebene am Leben zu lassen.
Bald kamen die Magnaten zu dem Schluss, dass es das Sicherste sei, zu den niedergebrannten Gehöften zurückzukehren und dort die Nacht abzuwarten, in der Hoffnung, die Wilden seien bis dahin weitergezogen. So rasteten sie zwischen verkohlten Balken und rußschwarzen Mauern in einem Bauernhaus und ließen je drei von ihnen Wache halten, während die übrigen Schlaf zu finden versuchten, der immer wieder unterbrochen wurde vom unruhigen Schnauben der Pferde oder dem Knacken und Knirschen im brandgeschwächten Gebälk.
====19. Praios====
Es mochte ein oder zwei Stunden vor Sonnenaufgang sein, als Domna Rifada zum Aufbruch drängte. Schweigend setzte sich die Truppe in Marsch, eine berittene Späherin vorneweg. Es hatte zu regnen begonnen; das Wasser wusch Asche und Staub in ihre Kleider. Müde kämpften sich die Söldner vorwärts, ihre Augen brannten vom Rauch, dem sie für Stunden ausgesetzt gewesen waren. Keiner sprach, nur ab und an übertönte ein halblauter Fluch das eintönige Prasseln des Regens. Den Plan, das Mädchen in Elenta abzuliefern, hatten sie längst aufgegeben. Elenta war nicht sicher, und sie zu wenige, um den Dörflern zu Hilfe zu kommen. Sie konnten nur hoffen, dass die Überlebenden auch dieses Mal gute Verstecke fanden. Domna Rifada führte die Bewaffneten in einem weitläufigen Bogen um das Dorf herum, diesmal durchaus darauf bedacht, dass die Mercenarios nicht zu weit zurückblieben. Ein- oder zweimal meinten sie, den Schein von Lagerfeuern oder Fackeln zwischen den Hügeln auszumachen, und einmal mussten sie in ein Waldstück ausweichen, um nicht doch zufällig entdeckt zu werden.