Chronik.Ereignis1033 Feldzug Raschtulswall 07: Unterschied zwischen den Versionen
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Tief in der Nacht spürte Domna Richeza im Halbschlaf, wie jemand sacht über ihr auf dem Kissen ausgebreitetes Haar strich und eine weitere Decke - oder einen Umgang? - über sie legte. Am nächsten Morgen fand sie ihren Vetter Moritatio zusammengerollt zu Füßen ihres Bettes, und es war tatsächlich sein Umhang, den er in der Nacht über sie gebreitet hatte, obwohl er dadurch selbst ohne Zudecke hatte schlafen müssen. | Tief in der Nacht spürte Domna Richeza im Halbschlaf, wie jemand sacht über ihr auf dem Kissen ausgebreitetes Haar strich und eine weitere Decke - oder einen Umgang? - über sie legte. Am nächsten Morgen fand sie ihren Vetter Moritatio zusammengerollt zu Füßen ihres Bettes, und es war tatsächlich sein Umhang, den er in der Nacht über sie gebreitet hatte, obwohl er dadurch selbst ohne Zudecke hatte schlafen müssen. | ||
====18. Praios==== | |||
Auch am Morgen des 18. Praios ließ Domna Rifada es sich nicht nehmen, ihre Nichte persönlich im Reiterkampf zu unterweisen, bis diese kaum noch fähig war, den Säbel festzuhalten. Diesmal nämlich hielt die Junkerin sich nicht zurück und prellte der keuchenden Domna Richeza mehrmals mit Wucht die Waffe aus der immer kraftloser werdenden Hand, derweil die Söldner des Aranjuezers teils feixend, teils gelangweilt zusahen. | |||
Schließlich machte die Junkerin sich wortlos auf, um zusammen mit einer ihrer Getreuen in Elenta der Dorfbevölkerung einige Anweisungen zu erteilen. | |||
Domna Richeza ließ sich von ihrem Ross herab, das ebenso schwitzte wie sie selbst, und begann, es mit Tuch und Bürste trocken zu reiben, sich der Blicke der Mercenarios nur zu bewusst, die vor dem Haupthaus des Anwesens herumlungerten und auf die Rückkehr Domna Rifadas warteten. | |||
Noch ein paar Monate, rief ihr einer der Söldner zu, und sie könne es sicher mit der alten Vettel aufnehmen. Noch ein paar Jahre, fügte er mit anzüglichem Grinsen hinzu, und sie könne vielleicht auch gegen ihn bestehen. | |||
Für einen Augenblick sah es so aus, als wolle die zornglühende Domna sich auf den Mercenario stürzen und ihn ob seiner Frechheit auf der Stelle erschlagen. Dann aber kniff sie die Augen zusammen, presste die Lippen aufeinander und angelte mit dem Fuß nach einem der Säbel, die ihre Tante vor der Lehrstunde an der Hauswand bereitgelegt hatte, beförderte ihn elegant in die Luft, fing ihn auf und warf ihn, Korb voran, dem Söldner zu. | |||
"Was, eine scharfe Waffe?", fragte der Mann, als er den Säbel auffing. "Oh, nein, ich will Euch doch nicht verletzen!" | |||
Domna Richeza aber blickte ihn nur kalt an und meinte, wenn sein Mut nur halb so groß sei wie sein unverfrorenes Mundwerk, solle er aufstehen und kämpfen. Da zwinkerte der Söldner seinen Kameraden und Kameradinnen zu, die ihm auf die Schultern klopften, und stellte sich der Domna gegenüber in der Mitte des Hofes auf. | |||
Die Edle merkte rasch, dass sie in ihrem erschöpften Zustand dem Mann weder an Kraft noch an Schnelligkeit, schon gar nicht aber, was die Kunstfertigkeit seiner Attacken anging, gewachsen war. Doch damit hatte sie auch nicht gerechnet. Und so beschränkte sie sich darauf, den Hieben des grinsenden Söldners auszuweichen. Nach einer Weile aber verlegte sie sich darauf, immer wieder auf seine rechte Schulter zu schauen, ein Lächeln zu unterdrücken, mal die Stirn zu runzeln. Als sie sich sicher war, dass ihre Blicke dem Söldner nicht entgangen waren, hielt sie plötzlich inne. | |||
"Entschuldige!", sagte sie, mit dem freundlichsten Lächeln und strahlenden Augen, "darf ich?" Sacht streckte sie die Hand nach seinem Haar aus, und der Mercenario neigte ein wenig den Kopf, in Erwartung einer zärtlichen Berührung. Doch die Finger der Edlen griffen alles andere als behutsam nach seinem Haar, rissen grob seinen Kopf zurück. Erschrocken und zornig schrie der Söldner auf, doch zu spät – Domna Richeza hatte ihren Fuß hinter sein Bein gebracht und warf sich mit der Schulter gegen seine Brust, sodass er rückwärts stolperte. Fallend griff er nach ihrem Hemd, um sich festzuhalten, doch sie schlug seine Hand beiseite, und binnen eines Augenblicks spürte er die Klinge des Säbels an seiner Kehle. | |||
"Noch ein paar Jahre", verhöhnte sie den auf dem Rücken liegenden Söldner, "und du hast vielleicht gelernt, dass nicht immer der einen Kampf gewinnt, der seine Waffe besser zu führen weiß, sondern die, die ihr Ziel nicht aus den Augen verliert." Damit verpasste sie ihm einen Schlag mit der Breitseite des Säbels an seine Wange und wandte sich ab, um ihr Pferd zu striegeln. | |||
Hilfe suchend blickte der vorlaute Mercenario in Richtung seines Soldherren, der zusammen mit Anzures Ballan in einiger Entfernung auf einer Bank saß, wo die beiden Aranjuezer ihre Klingen geschärft hatten, derweil sie, nicht ohne das eine oder andere freilich nur leichte Kopfschütteln, den beiden Domnas bei den Übungskämpfen zusahen. Offenbar waren beide der Meinung, dass die wenigen Fortschritte, die man in so kurzer Zeit machen konnte, im Hinblick auf die zu erwartenden Anstrengungen bei der weiteren Suche keinesfalls die verlorenen Kräfte und lädierten Glieder aufwiegen konnten. Doch verspürte der Baron offensichtlich wenig Lust, sich mit der Hausherrin anzulegen, und so ertönte von ihrem Platz primär das monotone Scharren der Wetzsteine. | |||
Erst als Anzures seinen Herrn darauf aufmerksam machte, dass sich nun einer der Söldner und Domna Richeza gegenüber standen, verstummte das Scharren, und Anzures’ Antlitz wandte sich zu einem breiten Grinsen, welches auch nur kurz getrübt wurde, als sein Nebenmann anscheinend den Vorschlag einer Wette abgelehnt hatte und, interpretierte man den Griff nach des Waffenmeisters Arm richtig, ihm wohl auch verboten hatte, rasch zu den übrigen Mercenarios zu gehen, um dort dasselbe Angebot zu machen. | |||
Interessiert verfolgten die beiden den Kampf, und schienen auch hin und wieder einen nur für sie hörbaren Kommentar abzugeben, bis schließlich Domna Richeza ihren vorlauten Gegner mit einer List zu Boden beförderte. Während nun Anzures hörbar Applaus spendete, zuckte Hernán von Aranjuez gegenüber dem Söldner nur schmunzelnd mit den Schultern. Man war hier immerhin nicht im Rondra-Tempel. | |||
Als Domna Rifada zurückkehrte, wusste sie zu berichten, dass Tsacharias Krähenfreund zwei Kinder und einen Neffen hatte, die Hirten waren. Der Neffe, Usonzo, lebte mit seiner Mutter Udinia und seinem Sohn Miguelo auf einer Bergweide im Osten Elentas, nahe der Schlucht, in der die Rossbanner-Ritter ihr klägliches Ende gefunden hatten. Der Zugang zu der Weide befinde sich nahe eines einzeln stehenden Felsens, den die Elentaner 'Alveransklippe' nannten. Die Tochter des Heilers, so hatte die Junkerin aus den überlebenden Bewohnern des Ortes herausquetschen können, sei bei dem Überfall der Ferkinas getötet worden. Sein Sohn Zafiro habe sich seither nicht in Elenta blicken lassen, er wohne weiter im Westen auf dem Anwesen des früheren Inquisitionsrats [[Ucurian von Elenta]], dem Vater Domna Praiosmins. Er stehe treu aufseiten der Vogtin und der heiligen Kirche des Praios, so hatten die Dörfler der verächtlich schnaubenden Domna Rifada erklärt, und habe nichts mit seinem ketzerischen Vater gemein. | |||
Dennoch hofften die Magnaten, er wisse vielleicht mehr über den Aufenthaltsort seines Vaters, gerade wenn er den Praioten nahe stand. Und so beschlossen sie, zunächst Zafiro und auf dem Rückweg zum Castillo da Vanya seiner Tante Udinia einen Besuch abzustatten. | |||