Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 23: Unterschied zwischen den Versionen

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"Viel zu lange, ich weiß", nickte Rifada, beinahe verlegen. "Es muss bei der Trauerfeier für Euren Sohn, meinen Schwager gewesen sein - nein, auch danach war ich noch einmal bei Richezas zwanzigstem Tsafest hier." Sie blickte sich in dem Saal um, der sich seither nur geringfügig verändert hatte.
"Viel zu lange, ich weiß", nickte Rifada, beinahe verlegen. "Es muss bei der Trauerfeier für Euren Sohn, meinen Schwager gewesen sein - nein, auch danach war ich noch einmal bei Richezas zwanzigstem Tsafest hier." Sie blickte sich in dem Saal um, der sich seither nur geringfügig verändert hatte.
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Im ersten Moment wollte Rifada Hesindians Auslegung des Ganzen schon entrüstet zurückweisen - sie wusste doch, was sie mit eigenen Augen gesehen hatte!
Im ersten Moment wollte Rifada Hesindians Auslegung des Ganzen schon entrüstet zurückweisen - sie wusste doch, was sie mit eigenen Augen gesehen hatte!
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Rifada kratzte sich nachdenklich am Kinn, als wüchse ihr dort ein Bart, was natürlich nicht der Fall war. "Hm, kurz vor unserem Aufbruch nach Quazzano, also knapp bevor Belisetha, Richeza und ich Castillo da Vanya verließen, begehrte dort ein mir unbekannter Magus aus dem Yaquirtal Einlass, der explizit zu Richeza wollte. Er überbrachte ihr eine Nachricht, aus der ich nicht recht schlau wurde. Es ging darin um eine geheime Liebschaft - mutmaßlich vom Absender des Schreibens zu Richeza. Der Magus war wohl nur der Überbringer, nicht der Verfasser der Botschaft - aber Richeza schien über sein Erscheinen nicht eben erfreut zu sein. Er begleitete uns noch ein Stück des Weges - verschwand dann aber schon während unserer ersten Nachtruhe, ohne vorher ein einziges Wort der Verabschiedung ausgesprochen zu haben - und das wohlgemerkt, obwohl er vorgegeben hatte, selbst aus adligem Hause zu sein. Keinen Anstand haben diese Yaquirtaler Laffen! ''Von Lindenholz'' meine ich, war der Name seiner Sippschaft. Aber diese Yaquirtaler heißen ja eh alle so verdrechselt wie sie sprechen! Apropos - da sie mit mir nicht darüber sprechen wollte - und da Ihr als ihr Großvater und engster Vertrauter wahrscheinlich mehr wisst oder es früher oder später eh erfahren werdet: Wer ist der elende Mistkerl, der das Kind geschwängert und sich dann aus dem Staub gemacht hat? Der Hund soll mich von meiner schlechtesten Seite kennenlernen!"
Rifada kratzte sich nachdenklich am Kinn, als wüchse ihr dort ein Bart, was natürlich nicht der Fall war. "Hm, kurz vor unserem Aufbruch nach Quazzano, also knapp bevor Belisetha, Richeza und ich Castillo da Vanya verließen, begehrte dort ein mir unbekannter Magus aus dem Yaquirtal Einlass, der explizit zu Richeza wollte. Er überbrachte ihr eine Nachricht, aus der ich nicht recht schlau wurde. Es ging darin um eine geheime Liebschaft - mutmaßlich vom Absender des Schreibens zu Richeza. Der Magus war wohl nur der Überbringer, nicht der Verfasser der Botschaft - aber Richeza schien über sein Erscheinen nicht eben erfreut zu sein. Er begleitete uns noch ein Stück des Weges - verschwand dann aber schon während unserer ersten Nachtruhe, ohne vorher ein einziges Wort der Verabschiedung ausgesprochen zu haben - und das wohlgemerkt, obwohl er vorgegeben hatte, selbst aus adligem Hause zu sein. Keinen Anstand haben diese Yaquirtaler Laffen! ''Von Lindenholz'' meine ich, war der Name seiner Sippschaft. Aber diese Yaquirtaler heißen ja eh alle so verdrechselt wie sie sprechen! Apropos - da sie mit mir nicht darüber sprechen wollte - und da Ihr als ihr Großvater und engster Vertrauter wahrscheinlich mehr wisst oder es früher oder später eh erfahren werdet: Wer ist der elende Mistkerl, der das Kind geschwängert und sich dann aus dem Staub gemacht hat? Der Hund soll mich von meiner schlechtesten Seite kennenlernen!"
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Rifada blickte zur Decke und wiegte den Kopf hin und her. Das hatte ihr noch gefehlt, dass Hesindian offenbar nicht den blassesten Schimmer von Richezas Schwangerschaft hatte, obwohl er sonst ihre nächste Bezugsperson war, noch weit näher als sie selbst. Aber vielleicht war der unbekannte Mistkerl, dem sich das Kind an den Hals geworfen hatte, längst an ihrer beider Stelle getreten? Sie überlegte, ob sie dem alten Mann reinen Wein einschenken sollte. Aber jetzt hatte sie eh schon zu viel gesagt, und wenn Richeza tot war, so hatte er wohl das Recht zu erfahren, dass er Urgroßvater geworden wäre und dass der Fortbestand seiner Familia plötzlich auf neugeborenen Schultern geruht hätte - all dies würde seinen Zorn auf Morena nur weiter anstacheln, die ihm vielleicht eben diese Hoffnung zerstört hatte.
Rifada blickte zur Decke und wiegte den Kopf hin und her. Das hatte ihr noch gefehlt, dass Hesindian offenbar nicht den blassesten Schimmer von Richezas Schwangerschaft hatte, obwohl er sonst ihre nächste Bezugsperson war, noch weit näher als sie selbst. Aber vielleicht war der unbekannte Mistkerl, dem sich das Kind an den Hals geworfen hatte, längst an ihrer beider Stelle getreten? Sie überlegte, ob sie dem alten Mann reinen Wein einschenken sollte. Aber jetzt hatte sie eh schon zu viel gesagt, und wenn Richeza tot war, so hatte er wohl das Recht zu erfahren, dass er Urgroßvater geworden wäre und dass der Fortbestand seiner Familia plötzlich auf neugeborenen Schultern geruht hätte - all dies würde seinen Zorn auf Morena nur weiter anstacheln, die ihm vielleicht eben diese Hoffnung zerstört hatte.
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Die Vanyadalerin zog eine Augenbraue in die Höhe und umfasste ihrerseits mit der freien Hand mit ihrem bekannten Schraubstockgriff Hesindians Handgelenk und löste damit dessen Griff von ihrem anderen Arm. "Oh, ''das'' ist leider wahr! Ich habe Richeza ja nicht nur auf Burg Harmamund aus großer Entfernung gesehen, sondern habe schon vorher drei Tage mit ihr in nächster Nähe verbracht. Aber da sie Euch offenbar noch nicht darüber in Kenntnis gesetzt hat, wird sie dies erst zu einem bestimmten Zeitpunkt tun wollen. Gebt Euch also weiter unwissend, bis ihr es aus ihrem eigenen Munde erfahrt. Aber ja, es ist wahr - so sie noch lebt, sind - mit ihr, Belisetha und dem ungeborenen Kind, gleich drei Leben in Gefahr. Was aber einen Magier betrifft, so dürft Ihr mich nicht fragen, denn ich bin eine götterfürchtige Frau, die an die Macht des Himmelsfürsten und der donnernden Leuin glaubt, aber nicht an solche Scharlatane! Der [[Aurelius von Elenta|Sohn der Elenterin]] gilt als ein gefürchteter Zauberer - aber als wir den kleinen Mistkerl im [[Raschtulswall]] trafen, konnte er von Glück reden, dass ich ihn nicht zu packen gekriegt habe, denn wenn man nicht an solchen Hokuspokus glaubt, dann kann einen auch niemand verzaubern! Hm, höchstens um eine angebliche Hexe daheim in Selaque weiß ich noch - Udina Krähenfreund, Richeza kennt sie ebenfalls. Aber ich muss leider einem Schwur Folge leisten, sie und ihren Bruder für den Rest ihrer Tage unbehelligt zu lassen. Streuner und Einbrecher kenne ich erst recht keine - habt Ihr etwa mit solchen Leuten zu schaffen?"
Die Vanyadalerin zog eine Augenbraue in die Höhe und umfasste ihrerseits mit der freien Hand mit ihrem bekannten Schraubstockgriff Hesindians Handgelenk und löste damit dessen Griff von ihrem anderen Arm. "Oh, ''das'' ist leider wahr! Ich habe Richeza ja nicht nur auf Burg Harmamund aus großer Entfernung gesehen, sondern habe schon vorher drei Tage mit ihr in nächster Nähe verbracht. Aber da sie Euch offenbar noch nicht darüber in Kenntnis gesetzt hat, wird sie dies erst zu einem bestimmten Zeitpunkt tun wollen. Gebt Euch also weiter unwissend, bis ihr es aus ihrem eigenen Munde erfahrt. Aber ja, es ist wahr - so sie noch lebt, sind - mit ihr, Belisetha und dem ungeborenen Kind, gleich drei Leben in Gefahr. Was aber einen Magier betrifft, so dürft Ihr mich nicht fragen, denn ich bin eine götterfürchtige Frau, die an die Macht des Himmelsfürsten und der donnernden Leuin glaubt, aber nicht an solche Scharlatane! Der [[Aurelius von Elenta|Sohn der Elenterin]] gilt als ein gefürchteter Zauberer - aber als wir den kleinen Mistkerl im [[Raschtulswall]] trafen, konnte er von Glück reden, dass ich ihn nicht zu packen gekriegt habe, denn wenn man nicht an solchen Hokuspokus glaubt, dann kann einen auch niemand verzaubern! Hm, höchstens um eine angebliche Hexe daheim in Selaque weiß ich noch - Udina Krähenfreund, Richeza kennt sie ebenfalls. Aber ich muss leider einem Schwur Folge leisten, sie und ihren Bruder für den Rest ihrer Tage unbehelligt zu lassen. Streuner und Einbrecher kenne ich erst recht keine - habt Ihr etwa mit solchen Leuten zu schaffen?"
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"Ihr habt Recht", sagte er. "Wir werden die Freilassung Richezas und Belisethas zügig erwirken. Durch jemanden, dessen bloßes Wort genügt. Der Fürst ist dieser Tage nach Ragath aufgebrochen, wie ich hörte, um mit dem Grafen die Vorbereitung des kaiserlichen Hoftags zu besprechen. Ich werde höchstselbst nach Ragath reisen und Fürst und Graf von dieser Angelegenheit in Kenntnis setzen. Gewiss werden sie zu dieser Zeit keine Fehde in Ragatien wünschen, die solche Kreise zöge. Seid also unbesorgt: Eure Tante und Richeza werden alsbald auf freiem Fuße sein, wohlauf und unversehrt. Falls nicht, wird dies ein Trauerspiel fürs Hause Harmamund."
"Ihr habt Recht", sagte er. "Wir werden die Freilassung Richezas und Belisethas zügig erwirken. Durch jemanden, dessen bloßes Wort genügt. Der Fürst ist dieser Tage nach Ragath aufgebrochen, wie ich hörte, um mit dem Grafen die Vorbereitung des kaiserlichen Hoftags zu besprechen. Ich werde höchstselbst nach Ragath reisen und Fürst und Graf von dieser Angelegenheit in Kenntnis setzen. Gewiss werden sie zu dieser Zeit keine Fehde in Ragatien wünschen, die solche Kreise zöge. Seid also unbesorgt: Eure Tante und Richeza werden alsbald auf freiem Fuße sein, wohlauf und unversehrt. Falls nicht, wird dies ein Trauerspiel fürs Hause Harmamund."


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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
"Der ''Fürst''?",fragte Rifada irritiert und runzelte die Stirn. "Aber der sogenannte 'Fürst' - der nicht mein Fürst ist - gehört doch selber zu dieser Hunderasse! Ihr wollt also einen Harmamund bitten, dass seine Sippschaft unsere beiden Gefangenen herausrückt? Aber das ergibt doch überhaupt keinen Sinn und ist zudem vollkommen unwürdig und ehrlos! Und den sogenannten 'Grafen' - ich nehme an, Ihr sprecht von dem zugereisten Tobrier, der sich auf unserem Thron breit gemacht hat? - solltet Ihr erst recht nicht um irgendetwas bitten, sonst glaubt er noch, er trüge seinen Kronreif rechtmäßig, was nicht der Fall ist. Wenn Angehörige der eigenen Familia als Faustpfand in die Hände von Feinden geraten, so muss man diese entweder heraushauen, mit List und Tücke befreien, wie Ihr es zuerst vorgeschlagen habt, oder aber..." Rifadas Gesicht hellte sich auf, als hätte sie gerade einen genialen Einfall gehabt, "... oder aber man nimmt selbst jemanden aus der Sippe der Feinde als Geisel, um diese dann gegen unsere Blutsverwandten auszutauschen!" 
Die Vanyadâlerin ließ ihre rechte Faust in die offene linke Hand klatschen. "Ha! Das ist es! Und ich weiß auch schon, wen ich mir von dem Pack greifen werde! Als ich vor Burg Harmamund auf der Lauer lag, verließ eine schwarzverhangene Kalesche das Gemäuer in Richtung La Dimenzia - darin der spindeldürre Bruder Morenas, diese Trauerkrähe Amando! Ich ließ ihn da noch passieren, da ich ja die Burg im Auge behalten musste. Aber wenn es mir gelingt, ihn aufzustöbern und gefangenzunehmen, so wird Morena gezwungen sein, Belisetha und - so die Zwölfe wollen - auch Richeza gegen ihn einzutauschen. Zeigt sie sich aber verstockt, halte ich ihren Bruder im tiefsten Verlies von Castillo da Vanya bei Wasser und Brot gefangen, nötigenfalls bis er verfault. Wenn sie das selbst nicht kümmert - was mich keineswegs wundern würde - so wird ihr doch Gwain als Soberan befehlen, nachzugeben und unsere Gefangenen freizugeben. So haben wir wenigstens unser Gesicht gewahrt und dem Harmamund-Geschmeiß gezeigt, dass wir nicht vor ihnen im Staube kriechen! Den sogenannten 'Grafen' aber halten wir aus inner-almadanischen Sachen schön ganz heraus, denn die gehen ihn als Auswärtigen überhaupt nichts an! Ihr selbst könnt ruhig zum Hoftag reisen - gebt Euch dort nur ganz unwissend in Bezug auf diese ganze Angelegenheit und gebt auf Euch Acht, dass man nicht auch Euch nach dem Leben oder Eurer Freiheit trachtet. Es genügt, wenn Ihr mir zwei bis dreiEurer besten Kriegerinnen mitgebt und um alles Weitere kümmere ich mich schon. Zur Not gehen auch fünf oder sechs Männer."
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Der alte Cronvogt seufzte innerlich. Diese verfluchte almadanische Ehrversessenheit hatte ihn und sein Haus schon manches Mal in Schwierigkeiten gebracht. Nicht etwa, weil er genauso heißblütig wie rachsüchtig wäre wie viele seiner Landsleute. Nein, vielmehr, weil seine Angehörigen - und allen voran seine Enkeltochter Richeza – so wenig vom Wort und so viel vom Blute jener auf ihrer Degenspitze hielten, die sie mit Wort oder Tat geschmäht hatten.
War es Feigheit, wie jene Hitzköpfe sagten, wenn man den Frieden höher schätze als ein Ehrenhändel? Nein, Hesindian hatte sich nie einem Duell entzogen, das an ihn herangetragen worden war. Hatte er nicht sogar einst mit Rifadas Mutter die Klingen gekreuzt, bis sie beide vor Erschöpfung kaum noch die Waffen hatten halten können, nur weil sein Sohn Domna Leonidas Tochter geliebt hatte und diese ihn? Hesindian hatte den Kampf nie gefürchtet, ebenso wenig wie den Tod. Er war ein hervorragender Kämpfer gewesen, als er noch jung gewesen war, aber so recht hatte er nie einsehen wollen, was erstrebenswert daran sein sollte, in einem Ehrduell verwundet oder gar getötet zu werden, wenn man sein Leben auch der Liebe widmen konnte und der Schönheit, die man tagtäglich in den kleinen Dingen fand.
Der wahre Grund jedoch, warum er eine friedliche Lösung dem Kampfe immer vorgezogen hatte, war, dass eine Bluttat stets weitere nach sich zog. Und mehr als einen Tod konnte man selbst nicht sterben. Außer, man liebte. Dann aber war der Tod kein schneller, schmerzloser, sondern ein langer, qualvoller. Denn mit jedem geliebtem Menschen wurde ein Teil der eigenen Seele getötet und das Göttervertrauen ein weiteres Mal auf eine Probe gestellt.
Abermals seufzte der alte Mann im Stillen, als er das finster entschlossene Gesicht der Junkerin betrachtete. Nichts würde sie von ihrem Plan abbringen, so viel war gewiss. Dass schon manches almadanische Adelshaus durch eine Reihe anfangs harmloser wider andere Familias gerichteter Taten zugrunde gegangen war, bekümmerte die Kriegerin wenig und sie darauf hinzuweisen, war verschwendete Zeit und Mühe.
"Also gut", seufzte er schließlich, diesmal hörbar. "Ich werde Euch drei meiner Leute als Bedeckung mitgeben. Als Schutz vor Räubern, Bergbarbaren und wilden Tieren. Schließlich weiß jeder, wie gefährlich es im Winter im Osten Almadas sein kann. Zudem sollt Ihr Stiefel, Mantel, Harnisch und Wegzehrung erhalten, sobald Ihr aufbrecht. Gerne dürft Ihr Vesper mit mir halten und die Nacht hier verbringen, wenn Ihr das wünscht. Ihr seht müde aus, wenn mir das zu sagen erlaubt ist."
Er lächelte leicht und dachte nicht zum ersten Mal an diesem Abend an Domna Rifadas Mutter, die nicht einmal ganz so alt geworden war, wie Rifada jetzt war. Ihr Ziel, den Marmorthron zurückzuerobern, hatte sie nie erreicht. Und so voller Hass und Groll und Zorn war sie gewesen, dass er bezweifelte, dass sie in ihrem Leben Glück empfunden hatte, das nicht aus dem Leid ihrer Feinde erwachsen war. Das Leben nahm einem Vieles: Macht, Besitz, Gesundheit, Freunde und Geliebte. Aber allein die Götter wussten, warum manche Menschen beim Anblick der Scherben nur die Risse sahen und Hass empfanden, während jene, die sich der Liebe verschrieben hatten, in jeder Scherbe ein neues Ganzes erblickten.