Chronik.Ereignis1033 Feldzug Raschtulswall 03

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Kaiserlich Selaque, 16. Praios 1033 BF

In der Junkerschaft Vanyadâl, auf dem Castillo da Vanya

Autor: SteveT

Domna Rifada ging ihrer Nichte voran nach draußen in den Burghof, der in gleißend warmes Sonnenlicht getaucht war. Glücklicherweise waren die typischen Gewitter des Bosquirtals am nächsten Morgen fast immer Vergangenheit und sie würden - wenn überhaupt - erst in den Abendstunden wiederkehren. Kaum eine Wolke stand am tiefblauen Himmel. Am Göpelwerk des tiefen Ziehbrunnens in der Mitte des Burghofes war ein Maulesel angebunden, der dort normalerweise in einer tiefen Furche im Kreis lief, um das Wasser nach oben zu befördern. Trotz des Tageserwachens und der zwitschernden Vögel auf den Dächern der Burg schlief der Esel im Stehen, den Kopf auf seinem umgeschnallten Hafersack abgelegt.

"Beweg dich!" klatschte ihm Rifada kräftig den Panzerhandschuh aufs Hinterteil, so daß er mit einem erschrockenen "Iiiih-ah!" und wilden Bocksprüngen wieder seine Runden aufnahm. "Ich füttere hier keine Faulenzer durch!" ließ Rifada den Maulesel extra so laut wissen, dass es auch die Wachen auf den Wehrgängen und die Mägde im Hof mitbekamen, die sich sofort alle bemühten, sehr beschäftigt auszusehen. Nur die Leute des Aranjuezers feixten.

"Wir müssen noch etwas an Deiner Gewandung und Armierung ändern, bevor wir aufbrechen", wandte sich die Burgherrin nun wieder leiser an ihre Nichte. Sie deutete mißbilligend auf Richezas weiten Kapuzenmantel und den schlecht sitzenden Lederharnisch, die diese bereits zu ihrem Ross hatte herunterbringen lassen. "Auch wenn du den Namen deines Vaters trägst, bist du doch eine da Vanya und somit von altfürstlichem und gräflichem Blut! Du kannst nicht vor dem Gesinde und unserem Landvolk wie eine Streunerin oder Brigantin herumlaufen!" Sie deutete auf den Bergfried: "Aber keine Sorge! Dieser Turm birgt die bestausgestatteste Waffen- und Rüstkammer des gesamten Bosquirtals - sie ist mein liebster Raum und mein Refugium!"

Von der schnatternden Gruppe der Mägde nahe der Barbakane der Burg löste sich derweil ein junger Mann von vielleicht Anfang Zwanzig im blauen Wappenrock der kaiserlichen Hofjunker und kam strahlend direkt auf Richeza und Rifada zu. Galant zog er seinen Helm vom Kopf und verneigte sich bis zum Boden, ehe er mit ebenso großer Geste Richezas Hand ergriff und sie hauchzart küsste. "Frau Mutter, wollt Ihr mir nicht unseren atemberaubenden Gast vorstellen?"

Rifada verlangsamte nur unwillig ihren Schritt. "Nein, das wollte ich eigentlich nicht! Aber wenn du darauf besteht: Richeza, das ist mein nichtsnutziger Sohn Moritatio. Und das ist deine Cousine Richeza von Scheffelstein!" Damit öffnete sie ohne ein weiteres Wort die Tür des Bergfrieds und ging hinein.

"Oh!" war alles, was Moritatio sagen konnte, dessen Mundwinkel kurz kaum merklich nach unten gesackt waren, als das Wort "Cousine" fiel. Aber noch immer hielt er Richezas Hand fest, was ihm erst nach einigen Wimpernschlägen bewusst wurde. Er ließ sie errötend los. Die Schöne Göttin selbst schien ihren Schabernack mit ihm treiben zu wollen. Erst schickte sie eine der schönsten Frauen, die er in seinem ganzen Leben gesehen hatte, gesegnet mit einem Gesicht und Körper wie einer ihrer Alveraniare, ausgerechnet hierher auf ihre abgelegene Burg und dann entpuppte sich die Schöne im nächsten Augenblick als Blutsverwandte, die ihm für immer versagt bleiben würde! Doch halt! Er begann wieder zu lächeln und leckte sich genießerisch die Lippen, während er seine Cousine nochmals von Kopf bis zur Rundung ihrer Hüfte in Augenschein nahm. Vermählten sich bei den rückständigen Waldwachtern nicht auch Vettern und Basen untereinander, ohne daß ihnen etwas geschah oder irgendjemand daran Anstoß nahm? "Es hat mich... gefreut!" rief er Richeza stammelnd nach, die mit einem Stirnrunzeln von ihm zurücktrat und seiner Mutter in den Bergfried folgte.

"Moritatio ist ein Schwachkopf - genau wie sein Vater!", grummelte Rifada, während sie Richeza auf einer steil gewendelten Treppe voranstieg. Im dritten Stock verließ sie die Treppe und schloß die eisenbeschlagene Tür ihres "Refugiums" auf. Sie hatte nicht übertrieben: Fast die gesamte Fläche des runden Raumes von vielleicht fünf Schritt Durchmesser wurde von vollen Waffen- und Rüstungsständern eingenommen. Rifada strich geradezu liebevoll über eine leichte bronzene Brünne, die einem muskulösen weiblichen Torso nachempfunden war - sogar mit stilisierten 'Bauchmuskeln' und zwei hohlen Halbkugeln als Brustschutz darauf. "Diesen Panzer erhielt ich als junges Mädchen während meiner Zeit auf der Keshal Rondra. Damals passte er mir wie eine zweite Haut. Heute wiege ich leider 15 Stein mehr als damals... natürlich an reiner Kraft - nicht an Fett!" Wie um es beweisen zu müssen, schob sie ihren Ärmel nach oben und spannte ihre Armmuskeln an. Ihr hervorquellender Bizeps hätte jedem Selaquer Marmorbrecher zur Ehre gereicht. "Du bist so rank und schlank, wie ich es damals war - hier", sie warf Richeza die Brünne zu. "Lege sie einmal an, ob sie passt."

Weiterhin schien auch Richezas umgeschnallter Degen ihrer Tante keine geeignete Waffe für den möglichen Kampf zu Pferde oder speziell für ein Scharmützel gegen die Ferkinas zu sein. Während sie für sich selbst einen schweren schwarzen Morgenstern von einem Wandbord nahm, durchfächerte sie mehrere Dutzend Klingen in einem leeren Fuderfaß, bis sie die von ihr gesuchte fand: Einen nur leicht gebogenen Reitersäbel mit einer silberverzierten Parierstange, in den das Greifenwappen der da Vanyas mehrfach einziseliert war. "Das ist Wildenfeind - der Lieblings-Reitersäbel unserer beider Ahnin, Fürstin Rahjada da Vanya. Sie erhielt ihn als Geschenk von Arombolosch, Sohn des Agam, der ihn eigens für sie schmiedete. Ich glaube, es wäre in Rahjadas Sinne, daß du ihn von nun an führst!"


Autor: von Scheffelstein

Du kannst nicht vor dem Gesinde und unserem Landvolk wie eine Streunerin oder Brigantin herumlaufen! Die Worte ihrer Tante klangen Richeza noch immer in den Ohren. Streunerin? Schlimm genug! Aber eine Brigantin, eine Räuberin, hatte sie noch niemand genannt! Sie hatte noch ganz anderen Magnaten aus weit geringerem Anlass den Handschuh ins Gesicht geworfen! Doch sie brauchte ihre Tante. Also schluckte sie ihren Ärger herunter.

Sie war zu wütend, um dem jungen Moritatio Beachtung zu schenken, und auch die Rüstkammer und die Prahlerei ihrer Tante drangen kaum in ihr Bewusstsein. Erst als Rifada ihr die Brünne zuwarf, wurde sie unsanft zurück in die Gegenwart geholt. Ihre Tante meinte es wirklich ernst!

Skeptisch musterte Richeza den bronzenen Harnisch. Das Ding konnte sie unmöglich anziehen! Wie das aussah! Und überhaupt: Was nützte ein Brustschutz, wenn die Schultern freilagen? "Und was trägt man darunter?", hörte sie sich fragen. "Sagt nicht: nichts!" Nein, wenn sie so jemand sah! Sie konnte doch nicht herumlaufen wie eine verkleidete Amazone! Diese merkwürdigen Brustschalen! Und dann noch die übertriebenen Bauchmuskeln: All den täglichen Übungen zum Trotz konnte sie damit nicht dienen.

Richeza hielt sich die Brünne vor den Bauch. "Ich bin zu klein!", stellte sie, nicht ohne Erleichterung fest, zum ersten Mal in ihrem Leben froh über die mangelnde Körpergröße.

Aber es ging noch weiter! Jetzt sollte sie nicht einmal ihren Degen tragen dürfen. Ja, nicht einmal ihren eigenen Säbel, den sie doch eigens mitgenommen hatte. Grollend zupfte Richeza sich am Ohrläppchen. Doch als sie sah, was für eine Waffe ihre Tante ihr reichte, verflüchtigte sich ihr Ärger. Beschämt schlug sie die Augen nieder, als sie der breit strahlenden Junkerin die Waffe aus den Händen nahm.

"Ich … danke. Das ist …", stammelte sie und betrachtete den Säbel mit einem wachsenden schlechten Gewissen. Dies war eine hervorragend geschmiedete Waffe, das hätte sie auch ohne die erklärenden Worte ihrer Tante gesehen. "Ich … ich weiß nicht, ob ich mich dieser Waffe als würdig erweisen kann", sagte sie kläglich und warf Rifada von unten herauf einen entschuldigenden Blick zu, ehe ihre Augen weiter über das Arsenal der Junkerin wanderten. "Was auch immer man sich über mich erzählt, was auch immer Ihr über mich gehört habt, Tante", sagte sie leise. "Ich bin keine Kriegerin. Ich … der Degen meines Vaters ist mir in die Hand gewachsen, wenn Ihr so wollt. Mit dem Säbel wäre mir wohl gar ein Ansvin von Al'Muktur ebenbürtig."

Ehrfürchtig und fast bedauernd strich sie über die verzierte Parierstange, ehe sie Domna Rifada mit großen Augen ansah. "Ich möchte weder Euch, noch Ihre Durchlaucht Domna Rahjada beleidigen, wenn ich ihn führe."



Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 03