Chronik.Ereignis1033 Feldzug Ferkinalager 05

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Im Raschtulswall, 25. Praios 1033 BF

Am Fuße des Djer Kalkarif im Raschtulswall


Autor: von Scheffelstein

Unwillig betrachtete Nasfágul Pascha die Frau zu seinen Füßen, die mit einem Lappen über den erbeuteten Metall-Panzer rieb. "So nicht!", rief er zornig und riss ihr den Fetzen aus der Hand. Ein blaues Tuch, wie die Flachländer es sich an ihre Hütten hängten, und in das sie das rote Ross gewebt hatten, das sie so verehrten. Er warf den Stoff zu Boden, drückte der Frau ein kleines Fell in die Hand und umfasste grob ihre Finger. "So!", sagte er, während er ihre Hand über den Panzer führte, vor und zurück, bis die Rattenhaare das Blut von dem Beutestück scheuerten. Musste er einer Frau jetzt noch beibringen, wie man putzte?

Er ließ sie los und nahm einen Schluck aus dem erbeuteten Silberbecher. Golshan war schon immer aufsässig gewesen. Nur weil sie die Tochter seines Bruders war, sollte sie nicht glauben, dass für sie anderes galt als für andere Frauen. Er würde sie Kazûm zum Geschenk machen, einem seiner mächtigsten Blutkrieger. Der würde sie schon zu zähmen wissen. Bis dahin sollte Charrizul seine Schwester Respekt lehren. Sein Brudersohn hatte sich seine Achtung verdient. Er war mit einem prächtigen Pferd aus den Flachlanden zurückgekehrt, als einziger Überlebender einer Gruppe von jungen Kriegern, die er in das geplünderte Dorf zurückgeschickt hatte, um zu sehen, ob weitere Flachländer dort auftauchten.

Und wirklich: Es hatte einen Kampf gegeben. Charrizul hatte von drei Dutzend Flachländern berichtet, die in dem Dorf eingefallen waren. Die Krieger hatten alle getötet, alle bis auf einen. Aber auch alle Bâni Khadr waren gestorben, bis auf Charrizul. Am Ende hatte sein Brudersohn sich einen Zweikampf mit dem überlebenden Flachländer geliefert. Niemand anderes sollte es gewesen sein als Yil'Hayatim, die von einem Blutgeist besessene Kriegerin, die einst Nasfáguls Vater und Bruder getötet hatte.

Kazûm hatte Charrizul einen Lügner genannt und ihn verprügelt, aber Nasfágul glaubte dem jungen Mann. "Hier!", hatte sein Brudersohn geschrieen und den Sayadim Zhul die hässliche Wunde an seinem Hinterkopf gezeigt. Yil'Hayatim habe ihn dort mit ihrer Stachelkugel getroffen, ob das nicht Beweis genug wäre? Kazûm hatte vor Zorn gebebt, aber Nasfágul hatte ihm Einhalt geboten. Charrizul hatte die Wahrheit gesprochen. Seine Wunde stammte von einer Stachelkugel. Er selbst trug ein solches Mal, auch ihn hatte Yil'Hayatim beinahe zu den Geistern geschickt, als er jung war.

Ob Charrizul die Frau mit den Blitzen in den Augen erschlagen habe, hatte Kazûm misstrauisch befragt, und wie er entkommen sei, als er es verneinte. Sie sei auf ihrem Ross geflohen, hatte der junge Krieger behauptet, aber er habe sie mit der Lanze aus dem Sattel geholt. Verwundet habe sie sich davon geschleppt – für diesmal – aber wenigstens ihr Pferd habe er erbeuten können.

Nasfágul war stolz auf seinen Brudersohn. Und auch ein wenig froh, dass dieser Yil'Hayatim nicht getötet hatte. Die Frau gehörte ihm! Von seiner Hand sollte sie sterben! Aber zuvor würde er sie sich unterwerfen, wie sein Vater sie unterworfen hatte. Bevor sie ihn erschlagen hatte.

Missmutig verzog der Shâr das Gesicht. Es war Zeit für einen neuen Kampf. Das untätige Herumsitzen in seinem Zelt behagte ihm nicht. Zumal das, was ihn im Lager hielt, nicht nach seinem Willen lief. Finster starrte er auf die Gefangene, die zusammengerollt auf dem Fell an der Zeltwand lag. Nur selten hatte sich ihm eine Frau versagt. Selbst die Flachländerinnen waren ihm früher oder später verfallen. Nie aber, nie zuvor hatte er selbst versagt.

Er starrte Golshan an. Sie und die anderen Weiber waren mehr als einmal Zeuginnen seiner Schande gewesen. Wenn sie es wagte, darüber zu reden, würde er sie erschlagen. Sein Blick fiel auf etwas am Hals seiner Brudertochter, und er griff unter das Wolltuch, das sie um ihre Brust trug und zog ein Lederband mit einem Metallstück hervor, wie die Flachländer es nutzten, um Gürtel, Taschen und Kleider damit zu verstärken. Es zeigte drei Adlerkatzen, die sich auf die Hinterbeine gestellt hatten und mit den Flügeln schlugen.

"Woher hast du das?"

Sie griff nach seiner Hand, als wolle sie ihm das Schmuckstück entziehen. "Von einer Pferdetasche", sagte sie.

Er starrte sie an. "Wer hat dir das geschenkt? Charrizul?"

Ihre Augen blitzten trotzig, aber sie senkte den Kopf und schwieg.

Der Shâr riss ihr das Band vom Hals und versetzte ihr einen Schlag mit der Rückseite der Hand. "Frauen nehmen nichts von unserer Beute!", brüllte er. Dann bog er das Metallstück, bis dessen Kanten sich in seine Handfläche bohrten, und warf es in die Feuerschale in der Mitte des Zeltes. Ohne weiter auf Golshan zu achten, ging er zum Eingang des Zeltes. "Holt den Nuranshâr", hieß er die beiden Krieger, die draußen Wache standen. "Ich habe genug, von aufsässigen Weibern!"

Er ging zurück zu seinem fellbehangenen Hocker im hinteren Teil des Zeltes und leerte den Becher. Seine dunklen Augen durchbohrten die Gefangene. Wenn der Nuranshâr ihm nicht bald einen Weg wies, den gepriesenen Sohn zu zeugen, dann würden sie beide sterben: die Fremde und der alte Hund genauso.


Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 05